Poverty and charity

Five book reviews (in German and English)

Paugam, Serge: Die elementaren Formen der Armut (= Hamburger Edition). Hamburg: Hamburger Edition, HIS Verlag 2008. ISBN 978-3-936096-90-3; 336 S.; EUR 30,00.

Rezensiert für H-Soz-u-Kult von:
Christian Grieshaber, Graduiertenkolleg "Sklaverei-Knechtschaft und Frondienst-Zwangsarbeit", Universität Trier
E-Mail: [mailto]christiangrieshaber@gmx.de[/mailto]

Armut ist "ein vieldeutiger und darum nur schwer der sozialwissenschaftlichen Operationalisierung zu unterwerfender Begriff" [1], so das von Karl-Heinz Hillmann im Jahre 2007 herausgegebene Wörterbuch der Soziologie. Das Buch "Die elementaren Formen der Armut" des französischen Soziologen Serge Paugam versucht diesen scheinbar unklaren soziologischen Grundbegriff dem Leser verständlicher zu machen.Damit passt das im Jahre 2008 erschienene Buch perfekt in die zur Zeit in Deutschland entbrannte Diskussion um die wachsende Armut von Kindern, Langzeitarbeitslosen und schlecht bezahlten Arbeitnehmern - dem sogenannten Prekariat. Wer jedoch praktische Lösungsmöglichkeiten erwartet, der wird von Paugams abstrakten Buch zunächst enttäuscht. Die "elementaren Formen der Armut" stellt jedoch den in letzter Zeit häufig gebrauchten Begriff der Armut sehr differenziert dar und liefert dem Leser ein analytisches Instrumentarium, mit dem sich die Auswirkungen von Armut für den Einzelnen und die Entwicklung von europäischen Gesellschaften besser verstehen lassen. Dabei stellt sich der Autor folgende Fragen: Ist die Armut der süditalienischen Erwerbslosen dieselbe wie die Situation des sogenannten deutschen Prekariats ? Lässt sich dieses wiederum mit der Armut in den vom Wohlfahrtsstaat geprägten skandinavischen Land wie Schweden vergleichen ? Ist die Armut der Wirtschaftswunderzeit mit heutigen Formen vergleichbar ? Paugam stützt sich zur Beantwortung dieser komplexen Fragen auf die statistischen Daten von insgesamt vier Forschungsprogrammen zur Armut, die alle über einen Zeitraum von zehn Jahren - mit einem Schwerpunkt in den 1990er Jahren - durchgeführt worden sind. Dabei wurden sowohl objektive Daten - wie Höhe des Einkommens, Wohnungssituation, Gesundheit oder soziale Beziehungen - als auch qualitative Daten - wie subjektive Einstellungen der von Armut Betroffenen einbezogen.
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Henkelmann, Andreas: Caritasgeschichte zwischen katholischem Milieu und Wohlfahrtsstaat. Das Seraphische Liebeswerk (1889-1971) (= Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte B 113). Paderborn:Ferdinand Schöningh Verlag 2008. ISBN 978-3-506-76527-7; Leinen; 508 S.; EUR 59,00.

Rezensiert für H-Soz-u-Kult von:
Michaela Bachem-Rehm, Historisches Institut, Universität Duisburg-Essen, Campus Essen
E-Mail: [mailto]michaela.bachem@uni-duisburg-essen.de[/mailto]

Der Begriff des "Milieus" hat in der historischen Forschung in den letzten vierzig Jahren eine erstaunliche Entwicklung durchlaufen - angefangen von Rainer M. Lepsius' Einführung dieses Terminus in die Geschichtswissenschaft im Jahre 1966 bis zu der bis heute andauernden Kontroverse zwischen Kirchen- und Allgemeinhistorikern um das "katholische Milieu". Nicht zuletzt angesichts der sich nach wie vor unversöhnlich gegenüber stehenden Forschungsstandpunkte - handelt es sich um ein homogenes katholisches Milieu oder drei katholische Teilmilieus? - kann es nicht überraschen, dass in jüngster Zeit sogar der Ausstieg aus der Milieuforschung gefordert worden ist. [1] Dass diese Forderung zu kurz greift und die Möglichkeiten des Milieukonzeptes noch längst nicht erschöpft sind, zeigt die vorliegende Dissertation von Andreas Henkelmann über das Seraphische Liebeswerk, die im Oktober 2005 an der katholisch-theologischen Fakultät der Bochumer Ruhr-Universität eingereicht worden ist.
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Lindner, Rolf; Lutz Musner (Hrsg.): Unterschicht. Kulturwissenschaftliche Erkundungen der "Armen" in Geschichte und Gegenwart. Freiburg, Berlin, Wien: Rombach 2008. ISBN 978-3-7930-9519-4; 144 S.; EUR 24,00.

Rezensiert für den Rezensionsdienst "Europäische Ethnologie / Kulturanthropologie / Volkskunde" bei H-Soz-u-Kult von:
Jens Wietschorke, Humboldt-Universität zu Berlin
E-Mail: [mailto]jens_wietschorke@gmx.de[/mailto]

Ein Anlass und Ausgangspunkt des vorliegenden Bandes aus der vom Wiener IFK herausgegebenen "Edition Parabasen" waren die im Oktober 2006 veröffentlichten Stellungnahmen des damaligen Arbeits- und Sozialministers Franz Müntefering zum Begriff "Unterschicht". Das Wort sei eine "Füllung, die vielleicht lebensfremde Soziologen so gebrauchen können", er selbst lehne diese Terminologie ab: "Ich teile die Gesellschaft nicht in Schichten". [1] Was zur Beschreibung sozialer Ungleichheit übrig blieb, war eine so ungenaue wie beschönigende Rede von "Menschen, die es schwer haben, die schwächer sind". Der von Rolf Lindner und Lutz Musner herausgegebene Sammelband liefert einen engagierten Beitrag zu der damals angestoßenen Debatte über Unterschichten in Deutschland. In sieben Stellungnahmen und Fallstudien befasst er sich mit historischen wie gegenwärtigen Diskursfeldern von Armut und sozialer Ausgrenzung. Dabei wird ein kulturwissenschaftlicher Ansatz verfolgt, durch den "jene Formen von von Macht, Herrschaft und struktureller Ungleichheit in ihren diskursiven und symbolischen Artikulationen sichtbar gemacht werden, die es [...] ermöglichen, gesellschaftliche Unterschichten sozial und kulturell zu klassifizieren, zu marginalisieren und staatlich zu verwalten" (S. 8).
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Alannah Tomkins. The Experience of Urban Poverty, 1723-82: Parish, Charity and Credit. Manchester, Manchester University Press, 2007. 288 pp. $85.00 (cloth), ISBN 978-0-7190-7504-9.

Reviewed by Padhraig Higgins
Published on H-Albion (November, 2008)
Commissioned by David S. Karr

Agency, Survival and the Old Poor Law
Since the 1990s, historians of eighteenth-century England have been preoccupied with the world of consumption, the politicization of the middling sort, and the influence of war and empire on domestic politics and national identity. In many such studies, the working poor have received short shrift. Recent work however has begun to focus on what Tim Hitchcock describes as a "new history from below."[1] Building on previous attempts to construct a social history from below, and infused by the cultural turn, historians of the poor are exploring traditional archival sources such as pauper letters and bastardy examinations with a new attention to the narrative devices utilized by the poor in these sources as well asquestions of gender and life-cycle, and with a more nuanced understanding of the reciprocal sense of obligation and entitlement between rich and poor. Hitchcock himself has recently provided an innovative and engaging cultural history of the London homeless. John Styles meanwhile has shown that consideration of the consumption habits of the parish poor can yield fruitful results.[2] Alannah Tomkins's book is attuned to these recent advances in the field, while also adopting a prosopographical approach in order to move beyond administrative histories of poverty and illuminate the "experience" of the poor. The central question this work addresses is, "how persistent was the parish relief system in the lives of working people en masse?" (p. 3).
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Althammer, Beate (Hrsg.): Bettler in der europäischen Stadt der Moderne. Zwischen Barmherzigkeit, Repression und Sozialreform (= Inklusion/Exklusion 4). Frankfurt am Main: Peter Lang/Frankfurt 2007.ISBN 978-3-631-56944-3; kart.; 337 S.; EUR 59,70.

Rezensiert für H-Soz-u-Kult von:
Andreas Reinke, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Institut für Geschichte
E-Mail: [mailto]andreinke@gmx.net[/mailto]

Betteln war, das belegen zahlreiche zeitgenössische Quellen, auch im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert in Europa weit verbreitet. Dieser Sachverhalt jedoch sei, so Beate Althammer in der Einleitung des von ihr herausgegebenen Bandes, zumindest in der deutschsprachigen Historiographie zur Armut "ziemlich unbeachtet" (S. 5) geblieben. Anders etwa als in der Armutsforschung zu Mittelalter und Früher Neuzeit, in der das Betteln und der soziale Umgang damit einen zentralen Aspekt darstelle, dominierten in der Armutsforschung zur Moderne vor allem Themen wie der Pauperismus, die "Arbeiterfrage", die Entfaltung der kommunalen sozialen Fürsorge und des Sozialstaates oder die Ausbreitung und Aktivitäten sozialer Vereine und Verbände.
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