Sitzung des Holländisch-skandinavischen Komitees mit Pavel Akselrod, Julij O. Martov und Aleksandr S. Martynov, 17. Mai 1917

P/14
CHA, Stockholm, N. & C., Mai 1917:1. Mschr., 2 S.1

Réunion du 17 mai 1917.

   Présents: Branting, Troelstra, Van Kol, Vidnes,
Möller, Axelrod, Martoff, Martinoff, Huysmans.

   Branting: salue les camarades russes2
et explique notre initiative. Il déclare, qu'il comprend l'attitude
réservée de nos camarades qui n'ont pas encore pris contact avec
les Russes, restés en Russie.3

   Martinoff déclare que l'entrevue est
privée.4 Il pense que les conférences ne peuvent que
désunir si l'on ne se met pas d'accord pour un programme minimum, vu
l'élasticité des résolutions internationales. Les
majoritaires allemands se déclarent hostiles aux "annexions", mais
acceptent des "garanties" ce qui est la même chose. Je dénonce
comme impérialistes les résolutions du Congrès de
Leeds.5 En Russie, le mouvement ouvrier est allé plus loin
que ne le voulait l'Angleterre et en Angleterre, l'impérialisme
sévit partout, comme le démontre le dernier livre de Wilson sur
la démocratie et la guerre.6 En Allemagne, le
prolétariat fera la révolution le jour où il croira que
l'Allemagne n'est plus menacée.

   Troelstra constate que les socialistes russes ne
semblent plus adversaires de la défense nationale. Il pense qu'on
éveillera le peuple allemand si l'on arrache les dents au mon[s]tre
impérialiste. Mais nous ne demandons pas plus aux Allemands que nous ne
demandons aux autres.7 Quant aux principes de Zimmerwald, on ne
pourra les discuter utilement qu'après la guerre.

   Martoff déclare que la Russie ne doit pas
devenir une vassale de l'Angleterre, - qu'il est hostile à la paix
séparée, qui ne serait autre chose que la participation à
la guerre du côté de l'Allemagne et qu'il serait impossible
ensuite de rester neutres.8

   Van Kol fait ressortir que l'on est beaucoup plus
d'accord qu'on ne le pense et que la plateforme commune doit rester le texte
des résolutions internationales. Si les gouvernements sont
impérialistes, il faut combattre cet impérialisme partout. Mais
il ne faut pas oublier que les socialistes français ont protesté
contre l'impérialisme et protesté contre les cruautés dont
les Juifs ont été victimes en Russie.

   Branting rectifie certaines allégations,
relatives à son voyage en Russie.9

Anmerkungen

1   In CHA, Stockholm, N. & C., Mai 1917:1, auch hschr.
Konzept von Huysmans (franz., 3 S.); siehe auch Dok. Nr. P/14a. Bericht von
Troelstra in Dok. Nr. P/33b. Welcker 1985, S. 49 und S. 64, Anm. 53; sie
beurteilt die Wiedergabe des Gesprächs durch den "Berichterstatter", d.h.
Sekretär Huysmans, insgesamt als "diskret". - In schwed. Social-Demokraten
18.5.1917, S. 1, als "Orientierungsgespräche" ("orienterande samtal")
bezeichnet.

2   Martov und Martynov trafen zwei Tage nach Akselrod am
16.5.1917 in Stockholm ein zusammen mit weiteren ca. 250 russischen Emigranten
auf dem Weg nach Rußland. Der Stockholmer Ortsverein der SAP gab einen
Empfang für sie am gleichen Abend. Martov, Martynov, Abramovic, Natanson,
Angelika Balabanova, A. Ustinov, Astrov, A. Lunacarskij, Semkovskij, F. Kohn
und Lapinski lehnten in einem Brief an die Redaktion von Social-Demokraten am
16.5. eine Teilnahme ab, da die Veranstaltung "den Charakter einer bestimmten
politischen Demonstration annimmt, die im zu offenem Widerspruche zu den
Aufgaben steht, die wir im Einvernehmen mit den Principien die in Zimmerwald
und Kienthal verkündet wurden, uns bei unserer Rückkehr nach Russland
stellen". In ARAB, NL Branting, 3.1:12; abgedruckt in schwed. Politiken
18.5.1917, S. 2, und in Faksimile in Kan 1998, S. 131. Die nur 30 anwesenden
Russen verließen mit Ausnahme von Akselrod nach der
Begrüßungsrede von Branting den Saal. Auf der Versammlung sprachen
weiter Troelstra, Akselrod, Huysmans und der Bulgare Sakasov. In den Reden
wurde jeweils auf die Bedeutung der russischen Revolution für den Frieden
und auf die Friedensarbeit der Internationale durch die geplante Stockholmer
Konferenz hingewiesen. Dazu schwed. Social-Demokraten 16.5.1917, S. 1, und
18.5., S. 1 und 4; Notizen Brantings zu den Reden auf dem
Begrüßungsempfang, in ARAB, NL Branting, 4.1:2; Erinnerungen von
Ström 1942, S. 205f., der berichtet, daß man einige 1000 Kronen
für die Russen gesammelt habe. Bei Bäckström 1963, S. 337,
fälschlich, daß nur Akselrod gekommen sei. Gleichzeitig hatte die am
13.-16.5. gebildete Sozialdemokratische Linkspartei Schwedens (Sveriges
socialdemokratiska vänsterparti) zu einer Versammlung eingeladen, auf der
u.a. Martov, Angelika Balabanova, die Bulgaren Kirkov und Kolarov sowie Robert
Grimm teilnahmen. Dazu schwed. Politiken 18.5.1917, S. 2, und schwed.
Social-Demokraten 18.5.1917, S. 1.

3   Troelstra gab in seinem Bericht am 12.6.1917, in Dok. Nr.
P/33b, folgende Charakterisierung: "Sie stellten sich nicht unsympathisch zur
Konferenz. Aber sie haben nicht bestimmt erklärt, dass sie für die
Teilnahme in Russland arbeiten wollen. Sie wollen sich erst in Russland
orientieren. Sie seien zu lange weg gewesen von Russland, sagte Axelrod. Die
anderen beiden wollten Bedingungen stellen. Sie wollten Garantien dafür
haben, dass alles beschlossene auch ausgeführt wird. Wir sagten, dass nach
Stattfinden der Vorkonferenzen erst Bedingungen aufgestellt werden
können".

4   Nach den Notizen von Huysmans, nachgewiesen oben in Anm. 1,
sprach er danach "b) minorités tendances pendant guerre" an. - Martynov
war Mitarbeiter an der Broschüre Die Internationale und der Krieg, 1917,
herausgegeben vom ZK der Menschewiki. Siehe auch Martynovs Rede über die
Stellung der russischen Revolution zum Krieg auf einer Versammlung russischer
Sozialisten in Bern, 25.3.1917, nach Lademacher 1967/1, S. 505. Der Weltkrieg
sei das Produkt der kapitalistischen und reaktionären Kräfte in
Europa. Die russische Revolution müsse sofort für den Frieden wirken
und die Zusammenarbeit mit den Arbeitern in Deutschland, Frankreich und England
suchen, damit auch in diesen Ländern der Kapitalismus gestürzt und
Frieden geschlossen werden könne. Siehe auch Nachweis in Dok. Nr. P/13,
Anm. 2.

5   Gemeint die Gewerkschaftskonferenz mit Vertretern aus England,
Frankreich, Belgien und Italien am 5.-7.7.1916, auf der gewerkschaftliche
Forderungen für den Friedensvertrag und u.a. eine Stellungnahme zum
"Wirtschaftskrieg" der Entente gegen die Mittelmächte formuliert wurden.
Siehe dazu Schönhoven 1985, S. 246f. und
305ff.        

6   Nach den Notizen von Huysmans, nachgewiesen oben in Anm. 1:
"Manifeste intellectuels anglais Democracy and the War/Wilson". So auch in Dok.
Nr. P/14a mit Anm. 8.

7   Nach den Notizen von Huysmans, nachgewiesen oben in Anm. 1:
"3) 't zelfde vragen aan Engeland en Duitschland" [dieselben Fragen an England
und Deutschland].

8   Siehe auch Dok. Nr. P/14a . - Martov erklärte in einem
Interview nach der Rückkehr nach Petrograd, daß die Konferenz
mißlingen werde, falls die Arbeiterparteien sich nicht von ihren
Regierungen distanzierten. Er hielt auch Lenins Friedensagitation für
nützlich. Er sei für einen umittelbaren Frieden; denn nur so
könne sich die revolutionäre Demokratie entwickeln. Einen
Separatfrieden lehne er ab. Nach schwed. Social-Demokraten 26.5.1917; genannt
in Kan 1998, S. 97. Vgl. Getzler 1967, S. 149f., der sich auf das Interview in
Arbeiter-Zeitung am 2.6.1917 bezieht. - Nach Kan 1998, S. 110f., war Martov auf
der allrussischen Konferenz der Menschewiki Mitte Mai 1917 skeptisch in Bezug
auf den internationalen Charakter des ISB, der Arbeiter- und Soldatenrat sei in
diesem Punkt sowohl dem ISB als auch der ISK überlegen. Er war gegen eine
Vereinigung der russischen Konferenzinitiative mit der des
Holländisch-skandinavischen Komitees. Im Geist von Zimmerwald und Kienthal
solle man seine eigenen Wege gehen. Auf der Konferenz trat Martov im
übrigen auch gegen eine Beteiligung an der Provisorischen Regierung auf
und war für die Beibehaltung des Dualismus von Arbeiter- und Soldatenrat
und Regierung, nach Getzler 1967, S. 150-152; zu Martov 1917 dort S. 147-167.
Danach trat Martov konsequent für den Frieden ein, der für das
revolutionäre Rußland von vitaler Bedeutung sei, allerdings nicht
als Separatfrieden. Starker Druck müsse auf die imperialistischen
Regierungen ausgeübt werden. "Stockholm" gegenüber war er skeptisch,
weil die sozialistischen Vertreter dort eher als "commis voyageurs" ihrer
Außenminsterien auftreten würden.

9   Am 29.3. notierte Erik Palmstierna in seinem Tagebuch,
daß Branting überlege, nach Rußland zu fahren, Palmstierna
1953, S. 43. Branting reiste am 2. April von Stockholm nach Petrograd und kam
am 14. April zurück. Zweck der Reise war es, sich über die neue
Situation nach der Revolution zu informieren und eine Friedensaktion der
Internationale, nach dem entsprechenden Aufruf des Arbeiter- und Soldatenrats,
zu fördern.- Zu Brantings Reise siehe SAP, A 3 A:3,
Parteiausschußsitzung am 19.4.1917, in ARAB; Tagebuch Widén 1984,
S. 580 (31.3.), 585 (14.4.); Brantings Interviews und Berichte in schwed.
Social-Demokraten 12.4.1917, S. 1; 13.4., S. 1; 14.4., S. 1; 23.4., S. 4;
Dagens Nyheter 15.4.1917, S. 1 - die zahlreichen übrigen Berichte und
Polemiken (Branting als Kurier der Entente und Kriegstreiber) in der
schwedischen und ausländischen Presse werden hier nicht angeführt;
Erinnerungen von Tseretelli, Cereteli 1963, und Garwy 1965; Höglund 1929,
S. 132f.; Lindh in Morgon-Tidningen 3.1.1956; Stillig 1977, S. 33-36;
Mousson-Lestang 1988, S. 354-360; Kan 1998, S. 72-78. Eine falsche Behauptung,
die gewissen zeitgenössischen Urteilen folgt, bei Enemark 1979, S. 93,
nämlich Brantings Absicht sei "ganz offensichtlich" ("helt
åbenbart") gewesen, "den Arbeiter- und Soldatenrat zur Weiterführung
des Krieges gegen Deutschland zu stärken und zu ermuntern" ("at styrke og
opmuntre arbejder- og soldaterrådet til fortsat krig mod Tyskland).