Sitzung des Holländisch-skandinavischen Komitees mit der Delegation aus Bosnien-Herzegowina, 19. Mai 1917

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CHA, Stockholm, N. & C., Mai 1917:2. Mschr., 1 S.1

Samedi 19 mai.

Entrevue de Camille Huysmans avec les Bosniques Markic et Glumaz
[Glumac].2

  

   Résolutions:

   1) Les camarades de Bosnie présenterons un
mémoire officiel et un mémoire confidentiel.3

   2) Huysmans écrira aux délégués
autrichiens et hongrois pour avoir une entrevue préalable des Bosniaques
avec eux.

   3) On tâchera d'organiser une réunion commune
à la fin de la journée du 26 et Huysmans écrira en ce sens
à Seitz.4

   4) Les Bosniaques voudraient que les Tchèques fussent
également présents. Un télégramme sera
envoyé à Nemec à Prague.5

   5) Note. Ils désirent

   a) obtenir un état sud-slave.

   b) en ordre subsidaire, l'autonomie.

   Trop de sang a coulé par une solution insuffisante.

   Leur population de 1.800.000 d'êtres se compose de
700.000 Serbes Anti-autrichiens. 400.000 Croates. (Cléricaux. La
jeunesse est nationaliste).

600.000 Musulmans. (Partisans du gouvernement autrichien). 88 % sont
illettrés.

   La discipline militaire est formidable.

Anmerkungen

1   Zur bosnisch-herzegowinischen Delegation Karabegovic/Sarac
1988, S. 106, 109-111. - Markic und Glumac nahmen auch an einer gemeinsamen
Sitzung mit Delegierten aus Österreich, Böhmen und Galizien am 27.5.
1917 teil; Dok. Nr. P/22. Eine zweite Sitzung mit der bosnischen Delegation, an
der nur Markic teilnahm, fand am 20.6.1917 statt, und danach wurde ein
Pressekommuniqué zu den beiden Vorkonferenzen herausgegeben, und zwar
erst am 23.7.; Dok. Nr. P/41. Am 28.8.1917 kam Markic zusammen mit Mijo
Radosevic von der Sozialdemokratischen Partei von Kroatien und Slawonien
nochmals nach Stockholm; Dok. Nr. P/64.

2   Franjo Markic (Kroate) und Dusan Glumac (Serbe) trafen am
19.5.1917 in Stockholm ein, siehe Pressekommuniqué am 20.5., in CHA,
Stockholm, N. & C., Mai 1917:2 - dort auch hschr. Entwurf von Huysmans -
und in schwed. Social-Demokraten 21.5.1917, S. 1. Unterwegs hielten sie sich
zunächst zwei Tage in Wien zu Gesprächen mit Victor Adler, Karl
Renner und Karl Seitz auf, die sich über die südslawische Frage
informieren wollten. Anschließend machten sie in Berlin Station, wo sie
über gewerkschaftliche Fragen mit Carl Legien und Johann Sassenbach
sprachen. "Einer Begegnung mit den Führern der Sozialdemokratie
Deutschlands wichen sie mit Rücksicht auf die zu Tage getretene Spaltung
aus". Dies nach einem Bericht der Polizeidirektion für Bosnien und die
Herzegowina an das Prädidium der Landesregierung in Sarajewo, 4.6.1917, in
HHStA, PA I, Krieg 25 z, rot 959. Am 15. oder 16.5. trafen Markic und Glumac in
Kopenhagen ein, wo sie sich bis zum 18.5. aufhielten. Ihre Weiterreise nach
Stockholm kündigte Stauning in einem Telegramm an Möller am 16.5. an,
in CHA, Stockholm, Corr., Mai 1917, Nr. 103; Konzept in ABA, SDF, 531. - Die
österreichisch-ungarischen und deutschen Behörden hatten die Reise
von Markic und Glumac genehmigt. Diese mußten nur erklären, nicht
über die innenpolitischen Probleme in Österreich-Ungarn zu sprechen.
Auch der Parteivorstand hatte das Mandat der beiden Delegierten
"beschränkt", da er Behinderungen der Arbeiterbewegung auf Grund ihrer
eventuellen Äußerungen vorbeugen wollte; so Karabegovic/Sarac 1988,
S. 110. In ihrem Interview vor der Rückreise in schwed. Social-Demokraten
29.5.1917, S. 6, weigerten sie sich, sich öffentlich zu "ihrer Einstellung
zum Krieg und damit zusammenhängenden Fragen" ("rörande sin
ställning till kriget och därmed sammanhängande frågor")
zu äußern. Sie informierten über die bosnische
sozialdemokratische Partei (gegründet 1906) und die Situation in Bosnien.
Die Volksvertretung bestehe aus einem "machtlosen Landtag" ("maktlös
lantdag"), der Resolutionen verabschiede, die dann dem
österreichisch-ungarischen Finanzminister, "der der eigentliche Verwalter
des Landes sei" ("som är landets egentlige styresman"), zugestellt
würden. Gewählt werde nach einem Kuriatsystem (Intellektuelle,
Grundbesitzer, Bourgeoisie, Bauern, jeweils nach Religionszugehörigkeit
zweigeteilt). Die Bevölkerung bestehe aus Serben, Kroaten und Moslems. Die
religiösen und nationalen Frage spielten eine große Rolle im
politischen Leben; besonders stark sei "die serbische Irridentabewegung" ("den
serbiska irridentarörelsen"). Die Sozialdemokratie verhalte sich jedoch in
allen diesen Fragen "vollständig neutral" ("fullständigt neutral")
und fordere "das Recht der Bevölkerung auf völlige Selbstverwaltung"
(befolkningens rätt till fullständigt självstyre"). - Das
Auftreten der Delegierten, besonders von Markic wurde kritisiert: "Die ganze
Tätigkeit des Franz Markic im Auslande enspricht nicht den sozialistischen
und internationalen Prinzipien der sozialdemokratischen Partei Bosniens und der
Herzegovina und ist nicht im Namen unserer Parteiaufklärung [er]folgt", so
in Telegramm (Abschrift) Savo Kapor, Sreten Jaksisc an Angelika Balabanova/ISK,
o.D. [Juni 1917], ARAB, NL Höglund, Box. 6. Siehe auch die allgemeine
Kritik an Markic, Glumac und Henrik Tuma durch das jugoslawische
Nationalkomitees übermittelt an den Arbeiter- und Soldatenrat,
wiedergegeben in schwed. Social-Demokraten 14.6.1917, S. 1. Danach seien die
"angeblichen Delegierten" ("de föregivna ombuden") keineswegs "anerkannte
Führer" ("erkända ledare") der sozialdemokratischen Partei, sondern
"blinde Werkzeuge der Regierung" ("blinda verktyg för regeringen") und
führten nur "die Befehle" ("order") der Habsburger aus. Ziel der
Jugoslawen in Österreich-Ungarn sei es, zusammen mit den Serben "einen
einheitlichen unabhängigen demokratischen Staat" ("en enda oavhängig
demokratisk stat") zu bilden. Nach Karabegovic/Sarac 1988, S. 110f., ist trotz
der Distanzierungen des Parteivorstands interessant, daß die
Erklärungen von Markic und Glumac zur nationalen Frage und zu
Internationale und Krieg "gleichlautend sind mit dem, was damals das
Parteiorgan "Glas Sloboda" schrieb", und daß die Parteiführung von
der Stockholmer Konferenz "einen großen Beitrag auf dem Weg zum Frieden
und zur Schaffung einer neuen Internationale erwartete". - In einem Bericht von
Oscar Bam am 6.7.1917, nach der zweiten Sitzung, wird nach "absolut
vertrauenswürdiger Seite" mitgeteilt,"dass die bosnischen Delegierten sich
in ihrem schriftlichen Memorandum wohl ganz korrekt gestellt haben",
während sie vertraulich für eine "Vereinigung mit Serbien"
eingetreten seien; in PA AA, WK Nr. 2 c, Bd. 5, S. 81-87, und abgedruckt bei
Lademacher 1967/1, S. 528-532, Zitat S. 532. - Markic wagte nicht, von
Stockholm aus nach Hause zurückzukehren, sondern reiste nach Petrograd und
von dort dann ins Exil nach Paris; Valiani 1966, S. 310. Er nahm im Februar
1918 an der interalliierten Sozialistenkonferenz in London als "consultative
delegate" für Bosnien-Herzegowina teil, Ritter 1980, S. 694.

3   Das offizielle Memorandum der Sozialdemokratischen Partei
Bosniens und der Herzegowina wiedergegeben im Pressekommuniqué, Dok. Nr.
P/41; abgedruckt in Stockholm 1918, S. 188-190, und auch bei Brügel 1925,
S. 301-303. Ein "vertrauliches Memorandum" war nicht auffindbar. Die
wichtigsten Forderungen lauteten: Frieden ohne Annexionen und
Kriegsentschädigungen, was Wiederherstellung nicht ausschließt.
Selbstbestimmungsrecht der Völker. Demnach "selbstverständlich" die
Errichtung eines unabhängigen südslawischen Staates. Sollte dieser
Wunsch nicht verwirklicht werden, fordert man "mindestens eine breite
Autonomie" für die vereinigten Süd-Slaven Österreich-Ungarns.
Wiederherstellung Belgiens "auf Kosten des Vergewaltigers" und finanzielle
Hilfe für Serbien "seitens aller kriegführenden Mächte".
Föderation aller der Staaten, die "nebeneinander leben und keine
Möglichkeit haben, sich allein zu entwickeln". Für die Südslaven
bedeute das als "das minimale Ziel" eine föderative Balkanrepublik. Im
Prinzip bindende Beschlüsse der internationalen Konferenz, aber
Möglichkeit der Parteien, zu Beschlüssen Stellung zu nehmen. - In dem
Gespräch mit den französischen und englischen Delegationen am
19.5.1917, nachgewiesen in Dok. Nr. 15c, Anm. 3, faßte Huysmans zusammen:
"Les Bosniaques-Herzégovines veulent aller à la Serbie". - Siehe
auch Dok. Nr. P/25, Anm. 9, und Nr. P/64.

4   Briefdurchschlag an Karl Seitz (Stockholm), 19.5.1917, in CHA,
Stockholm, Corr., Mai 1917, Nr. 114. Eine gemeinsame Sitzung, allerdings ohne
die ungarischen Vertreter, kam am 27.5.1917 zustande; siehe Dok. Nr. P/22.

5   In einem Telegramm an Nemec (Prag) nennt Huysmans den Termin
der Vorkonferenz mit der österreichischen Delegation und fragt "wann
kommen sie", in CHA, Stockholm, Corr., Mai 1917, Nr. 113.