Sitzung des Holländisch-skandinavischen Komitees mit der Delegation der MSPD, 4. Juni 1917

P/27a
BA Berlin, NL Hermann Müller, 188, 1-8. Mschr., 8 S.1

Sitzung vom 4. Juni 1917.

   Troelstra eröffnet die Sitzung im Auftrage
des holl.[ändisch-]skand.[inavischen] Komitees und hebt die Wichtigkeit
der Besprechungen hervor. Gerade an die Haltung der deutschen Sozialdemokratie
haben sich viele Erörterungen angeknüpft. Er begrüsse die
deutsche Delegation auf das freundschaftlichste. Die erste Zusammenkunft soll
mehr provisorischen Charakter haben. Es sei nicht beabsichtigt, in eine
Besprechung des Fragebogens einzutreten, sondern es soll zunächst eine
allgemeine Besprechung ungebunden stattfinden. Von den Verhandlungen
würde Gen.[osse] Engberg fast wörtliche Aufzeichnungen machen, die
aber nicht veröffentlicht werden sollen. Am Schluss der Verhandlungen soll
die Delegation selbst einen Bericht aufstellen und dem Komitee übergeben,
der ohne Hinzufügungen, vielleicht aber mit einigen Auslassungen,
veröffentlicht werden soll. Bei den bisherigen Communiquèes seien
Aenderungen nicht notwendig gewesen. Einen Beschluss über die Form des
Berichts würde sich das Komitee vorbehalten. Das Memorandum sei für
die Akten der Konferenz bestimmt. Es soll zu Anfang der allgemeinen Konferenz
den Delegationen mitgeteilt werden. Der Fragebogen würde der Delegation
jetzt übermittelt. Die Kommissionsmitglieder werden sich das Recht
vorbehalten, bei der Behandlung des Fragebogens etwas zur Sache zu sagen. Er
heisse die Delegation nochmals willkommen.2

   Branting heisst die Delegation ebenfalls
willkommen. Das Komitee habe die ehrliche Meinung, eine unparteiische
Vermittlung für die Internationale zu schaffen. Der Fragebogen sei in der
Presse veröffentlicht worden, insbesondere im "Berliner Tageblatt". Von
den Delegationen können zum Fragebogen auch noch Zusätze gemacht
werden.3

   Ebert sagt im Namen der Delegation herzlichen
Dank für die Begrüssungsworte Troelstras und Brantings. Die deutsche
Partei hätte den Entschluss des holländ.[isch-] skand.[inavischen]
Komitees, diese Friedensarbeit zu leisten, freudig begrüsst. Wir hoffen,
dass sich die Erwartungen erfüllen. Alle Völker wollen den
Frieden.4 Das internationale Proletariat muss bei der kommenden
Friedensarbeit die Führung übernehmen. Die deutsche Sozialdemokratie
habe seit Kriegsbeginn alles getan, um die Internationale zusammenzuführen
zur Friedensarbeit. Auch hier wollten sie alles einsetzen, um einen Frieden
ohne Vergewaltigung und Demütigungen irgend eines Volkes und Landes zu
gewährleisten, der dadurch von Dauer ist.

   Zur Geschäftsordnung bemerkt
Ebert das Folgende:5

   Die Verhandlungen sollten alle streng vertraulich geführt
werden. Dieser Charakter sei für sie von grösster Bedeutung, denn nur
so würde der verfolgte Zweck am besten gefördert. Den Fragebogen
hätte die Delegation eben erst bekommen. Er wisse nicht, ob er nur zum
Teil oder ganz veröffentlicht sei. Zuerst sei er nicht in Berlin, sondern
in Paris veröffentlicht worden und so zur Kenntnis
gekommen.6 Ueber Form und Inhalt des Fragebogens könne die
Delegation sich erst äussern, wenn sie ihn gelesen und durchgesprochen
habe. Es läge in aller Interesse, dass die Antwort auf den Fragebogen
wörtlich veröffentlicht würde. Was zu den Akten gegeben
würde, müsse selbstredend streng vertraulich behandelt werden, auf
Wunsch aber Abschrift gegeben werden.7 Gegen eine grundlegende
Aussprache sei nichts einzuwenden, bevor eine eingehende Motivierung im
einzelnen stattfinde. Dass die Kommissionsmitglieder auch zur Sache sprechen
könnten, sei selbstverständlich. Die Delegation beabsichtige, ein
kurzes Bild ihrer Friedensarbeit und ihrer Stellung zu Stockholm zunächst
zu geben.

   Troelstra: Gegen Erteilung von Abschriften seien keine
Einwendungen. Heute soll nur eine allgemeine Besprechung stattfinden; einer
späteren Sitzung soll die Beratung des Fragebogens vorbehalten werden.

   Albarda: meint, man würde das
Communiqué über die Verhandlungen mit der Mehrheit nicht zuerst,
sondern zusammen mit dem der Minderheit bringen.8

   Ebert: Das ist ganz unser Wunsch. Wir sind nicht
für eine vorherige Veröffentlichung, unter der Voraussetzung, dass
die Minderheit nichts von unserm Communiqué erfährt; später
können sie zusammen publiziert werden. Die Pressenotizen sollten uns
vorher zur Kenntnis gegeben werden, wenn Aenderungen erfolgten.

   Huysmans: In der Pressenotiz soll nicht mehr
gesagt werden als die eigene Delegation festgestellt hat; aber ev.[entuell]
gekürzt werden.

   Ebert: Auch über die Kürzungen muss
vorher eine Verständigung herbeigeführt werden.

   Troelstra: Es soll nichts ohne vorherige
Verständigung veröffentlicht werden, um Reibungen
überflüssig zu machen.9

   Branting schlägt vor, nur bis 1 Uhr zu
verhandeln, da auf 1 Uhr die deutsche Delegation zu einem Frühstück
eingeladen sei.10

   Scheidemann gibt im Auftrag der Delegation eine
Darstellung der Arbeit, die die Partei seit Kriegsbeginn für einen Frieden
der Verständigung geleistet hat.11 Die deutsche Partei ist in
der Internationale am meisten angefeindet, wir legen deshalb den grössten
Wert darauf, dass Sie über unsere Haltung genau informiert sind. Wir
werden nachweisen, dass unsere Politik im Einklang steht mit der Politik vor
dem Kriege. Bis zum Kriegsbeginn haben wir immer unsere Pflicht getan, im
Kampfe gegen den Kapitalismus und Militarismus; wir waren in dieser Beziehung
im Einverständnis mit den Franzosen. Ich brauche nur an die drei Namen:
Jaurès, Frank und Thomas zu erinnern.12 Mit Beginn des
Krieges mussten wir für die Landesverteidigung eintreten. Das hat auch
ausserhalb Deutschlands seine Wirkungen gehabt. Ohne unser Verhalten wäre
die russische Revolution nicht ausgebrochen. Hätten wir beiseite
gestanden, dann wären die Truppen des Zaren nicht nur vor Königsberg,
sondern auch vor Berlin gewesen und ein siegreicher Zarismus wäre in der
Lage gewesen, die Revolution niederzuschlagen.

   Der Redner geht an der Hand der dem Bureau überreichten
Dokumentensammlung13 im einzelnen auf die Tätigkeit der
soziald.[emokratischen] Partei und der Reichstagsfraktion während des
Krieges ein.

   (Die Dispositionen und die beiden Hefte der
Dokumentensammmlung, in denen die einzelnen Stellen angestrichen sind, befinden
sich bei den Akten. Ein in gleicher Weise angestrichenes Exemplar ist von
Müller für das Protokoll und die Akten des
holl[ändisch-skand.[inavischen] Komitees zur Verfügung gestellt).

   Redner wünscht zum Schluss, dass das I.S.B. dafür
sorgen möge, dass aus anderen Ländern über die Kundgebungen
für den Frieden ähnliche Dokumentensammlungen beigebracht werden,
wenn das möglich sei.14 Er habe keine rethorischen Mittel
angewandt, keinen Appell an die Leidenschaften erlassen, sondern nur objektiv
die Tatsachen reden lassen.15

   van Kol:16 Wir wollen nicht in Details
eintreten. Wir wollen einig werden in dem, was uns vereinen kann. Die Deutschen
sehen gewiss nicht so afrikanisch schwarz aus, wie vielfach gesagt würde,
aber sie sind auch nicht ganz gereinigt. Und das ist eine andere Frage.
Jedenfalls waren die Deutschen immer zur Verständigung bereit. Die
Hauptsache ist, ob Deutschland einen Verteidigungskrieg führt. Deutschland
hat die Arbitrage abgewiesen und hat Oesterreich freie Hand gelassen nach
Sarajewo. Ausser Deutschland und seinen Bundesgenossen sind alle darin einig,
dass Deutschland einen Offensivkrieg führt. Deutschland war zum Kriege
bereit, die anderen waren es nicht. In Deutschland wurden die Genossen
betrogen. Sie hätten etwas Misstrauen gegen die Erklärungen der
Regierung haben müssen. Scheidemann hat nicht über Belgien,
sondern über Ostpreussen gesprochen. Die deutsche Sozialdemokratie hat
nicht scharf genug protestiert gegen die Neutralitätsverletzung und gegen
die Greuel, die ich z.T. selbst gesehen habe.17 Ebenso wurde nicht
gegen den U.-Bootkrieg protestiert. Es werden neutrale Schiffe torpediert, die
von neutralen Häfen nach solchen gehen. Deshalb ist die ganze Welt
aufgebracht. Jetzt ist Amerika auf den Plan getreten. Deutschland kann den Sieg
nicht erringen, deshalb will es jetzt den Gedanken an Annexionen aufgeben.
Amerika ist heute als sein grösster Gegner da.

   Ebert: Was Scheidemann vorgebracht hat, hat sich
auf Dokumente gestützt. Das kann nicht bezweifelt werden. Wir sind
überrascht über die wütende Pauke, die van Kol gegen die
deutsche Sozialdemokratie geredet hat und die Beschuldigungen, die er erhoben
hat.18 Wir werden in der deutschen Delegation besprechen, ob und wie
wir darauf antworten werden.

Troelstra:19 Es ist Ihre Sache, ob Sie jetzt weiter
verhandeln wollen. Gegen Worte, wie wütende Pauke, muss ich Verwahrung
einlegen. Eine offene Aussprache ist von Wert. Besser ist, wenn diese Dinge von
neutraler Seite gesagt werden, als von kriegsgegnerischer. Wir sind nicht hier,
nur um anzuschuldigen, wir müssen aber mit den notwendigen
Auseinandersetzungen beginnen. Wir stehen nicht auf dem Standpunkt, dass wir
ein Gerichtshof sind, vor dem sich Parteien zu verantworten haben (Ebert: wir
würden das auch ablehnen!). Wir wollen Konflikte aus dem Wege schaffen,
damit die Kameraden aus den verschiedenen Ländern mit einander reden
könnnen, die so lange zusammen gekämpft haben. Es kann da nur ein
Gewitterchen geben, das die Luft reinigt. Damit hat van Kol einen Anfang
gemacht. Aber vergessen Sie nicht, dass wir von freundschaftlichen
Gefühlen beseelt sind.

   Branting:20 Ich bin erstaunt, dass die
Deutschen nicht Worte hören wollen von anderen Gesichtspunkten aus. Noch
schärfere Auseinandersetzungen werden unausbleiblich sein, wenn die
Genossen aus anderen Ländern da sind. Ich verstehe bis zu einem gewissen
Grade, dass Sie nicht hier vor einem Tribunal stehen, aber die Sozialisten
müssen stets so handeln, dass sich die Partei jederzeit rechtfertigen
kann.

   In den Plenarkonferenzen müssen solche
Auseinandersetzungen kommen. Der Ausschluss solcher Verhandlungen ist
unmöglich. Ein Gewitter muss kommen, es darf aber nicht so ausarten, dass
die Konferenz gesprengt wird. Früher wurde über andere Parteien der
Internationale unter Führung der Deutschen tatsächlich abgeurteilt.
Jetzt haben die Deutschen nicht mehr diese Führung wie früher. In
Scheidemanns Darstellung waren Lücken. Über diese müssen wir uns
verständigen. Auch wir lehnen in Schweden den Verteidigungsnihilismus ab;
wir sind keine Leninisten. Wir haben ja unsere eigene
verteidigungsnihilistische Partei.21 In dieser Hinsicht nehmen wir
dieselbe Stellung ein wie die deutsche Mehrheit. Daraus darf aber nicht
geschlossen werden, dass jeder Regierung Folge zu leisten ist, die behauptet,
einen Verteidigungskrieg zu führen. Es können sogar Fälle
vorkommen, dass während des Krieges die Stellung zu ändern ist. Ueber
die Stellung in den ersten Kriegstagen haben wir ein Urteil nicht gefällt.
Damals konnte man die Lage nicht überschauen. Aber je mehr Siege auf
deutscher Seite erfochten wurden, wurde der Krieg immer fortgesetzt unter der
Rubrik: Verteidigungskrieg. Die belgische Frage hat überall im Ausland
gegen Deutschland Stimmung gemacht.22 Man hat nicht verstanden, dass
die Partei nicht sofort Protest erhob. Das wäre geschehen, wenn etwas
Derartiges in unserer Kammer vorgekommen wäre. Gegen Deutschland haben
ferner gewirkt die Methoden der Kriegführung, die Deportationen der
Belgier, die Verwüstungen in Belgien und jetzt in Frankreich. Lesen Sie
jetzt die Schilderungen in den schwedischen Zeitungen über den
U.-Bootkrieg. Selbst in konservativen schwedischen Kreisen sind wegen der
Versenkungen die deutschen Sympathien zum grossen Teil weg.23 Dabei
führen wir auch Beschwerde gegen das Vorgehen der englischen Regierung;
aber es ist ein Unterschied, ob man Schiffe nur behält oder sie versenkt.
Es wird in Deutschland zu wenig von den Annexionisten geredet. Die Auffassung
von der Haltung der Regierung ist die persönliche Scheidemanns. Spahns
Erklärung konnte nicht für einen Scheidemann-Frieden gedeutet
werden.24 Für die westlichen Länder ist es die Hauptsache,
dass sie Vertrauen zur deutschen Demokratie gewinnen. Was nützt denn
schliesslich eine Verständigung? Denn die deutschen Sozialisten sind nicht
massgebend in Deutschland. Deutschland muss mehr demokratisiert werden; es gibt
dort keinen Parlamentarismus, die Wahlkreiseinteilung ist veraltet. Wird es zum
parlamentarischen System übergehen? Es gibt Sphären in der Umgebung
des Kaisers, deren Auffassung der Kanzler nicht teilt. Aber er lässt sich
schieben und schliesslich setzt das Militär seinen Willen durch.
Können wir mit denselben Leuten Frieden machen, die im Anfang des Krieges
Traktate wie einen Fetzen Papier behandelt haben? Darüber sind auch in der
deutschen Sozialdemokratie Meinungsverschiedenheiten. Wir haben den Wunsch,
über alle diese Dinge Klärung zu schaffen. Nur so kann eine wirkliche
Verständigung kommen, so können Vorurteile und falsche Vorstellungen
beseitigt werden. Wenn so vieles ausgemerzt sein wird, sind immer noch
verschiedene Auffassungen da, die die Verständigung erschweren. Wenn wir
auch zu keinem vollen Einverständnis kommen werden mit der Mehrheit
über ihre Politik, so werden wir doch für einen demokratischen
Frieden der Welt mit ihr zusammen arbeiten können.25

   Troelstra: Nach Kriegsausbruch wurde Scheidemann
nach Holland delegiert, um Aufklärung zu geben.26 Damals war
keine Stimme von holländischer Seite da gegen die deutsche
Kreditbewilligung. Aber allgemein wurde gesagt, dass die Partei Belgien
gegenüber ihre Pflicht nicht erfüllt habe, auf Grund des Kopenhagener
Beschlusses, nach dem Belgien seine Freiheit und Selbständigkeit zu
verteidigen hat.27 Ich stehe noch auf demselben Standpunkt. Die
Majoritäten in der Internationale bekämpfen sich am schärfsten.
Sie nehmen einander ihre Haltung übel. Ich verstehe die Haltung der
deutschen Partei.28 Sie konnte sich nicht von ihrem Volke
loslösen wegen der Rückwirkung auf das Heer und gerade, weil sie eine
grosse Partei war. Deshalb verstehen wir auch, dass sie keine grossen
Deklamationen über die Schuldfrage machte. Anders steht es damit, dass
nicht energisch gegen den Einfall in Belgien protestiert wurde, besonders, als
das zum zweiten Mal zur Debatte stand. Denn beim 1. Mal war die Partei
überrascht. Das erste Mal machten wir keinen Vorwurf trotz der Pause, die
gemacht wurde. Wir verstehen solche Momente, wir haben sie miterlebt. Im
Dezember war aber ein Protest nötig. Sie durfte sich nicht nur anlehnen
damals an die Reichskanzler-Erklärung. In solchen Fragen kommt man nicht
allein mit Verstandsmomenten aus. Es spielen dabei Gefühlsmomente eine
Rolle, Dinge, die ins Unterbewusstsein der Welt übergehen. Sie glauben
nicht, wie ein starker Ausdruck Ihrerseits damals auf die Welt gewirkt
hätte. Auf der Plenarkonferenz wird darüber gesprochen werden. Es
wird auch ein Beschluss verlangt werden darüber wahrscheinlich. Den
sollten die Deutschen nach Erklärung ihrer Stellungnahme hinnehmen. Auch
das Thema die Schuld der Regierung wird gestreift werden. Wollte man
darüber nicht sprechen, würde es einen Sturm geben. Wenn man mit
dieser Frage angefangen hat, dann wird man freilich sehen, dass man damit nicht
weiter kommt. Man soll aber nicht von vornherein sagen, dass darüber nicht
geredet werden soll, dass die Partei nicht die Verantwortung für die
Regierungen trage. Das Thema selbst ist aber unmöglich. Es ist auch zu
begrüssen, dass Branting und ich in dieser Frage nicht denselben
Standpunkt einnehmen. Branting steht mehr auf dem Ententestandpunkt; ich bin
mehr objektiv für Deutschlands Auffassung, aber beide sind wir darin
einig, dass wir für das Zustandekommen der Internationalen Conferenz
wirken wollen.29

   Es wird vorgeschlagen, die nächste Sitzung am Mittwoch, 10
Uhr pünklich abzuhalten.30

   Ebert bedauert, dass die Verhandlungen
nicht am Dienstag fortgesetzt werden können. Die deutsche Delegation, die
von einer Erörterung über die Schuldfrage sich für den Gang der
Verhandlungen keinen Nutzen verspricht, wird nun festzustellen haben, was sie
auf die Ausführungen antworten wird. Wir sind für diese
Auseinandersetzung nicht verantwortlich, aber wir müssen und werden uns
jetzt erklären.31 Der Gang der Debatte hat eine ganz neue
Situation geschaffen, über die wir uns verständigen
müssen.32

   Schluss 1 Uhr.

Anmerkungen

1   Dieses Protokoll entspricht S. 1-8 der 45 Seiten umfassenden
Protokollniederschriften von den Vorkonferenzen der MSPD mit dem
Holländisch-skandinavischen Komitee. In einem Anhang, S. 44f.,
erklärt Hermann Müller folgendes: "Während der Anwesenheit des
Gen.[ossen] Müller in Stockholm konnte die Aufzeichnung Engbergs nicht in
Maschinenschrift übertragen werden, weil hierzu die erforderliche Zeit
fehlte. Die Maschine des Bureaus war mit der Herstellung der div.[ersen]
Memoranden in den verschiedenen Sprachen beschäftigt. Engberg und
Müller kamen deshalb dahin überein, dass E. seine Niederschrift der
Ausführungen der deutschen Delegierten Müller nochmals im Wortlaut
vorlas, wobei dieser sie mit seinen Notizen verglich. Das geschah in den
Abendstunden des 26. und 27.6. Es stellte sich dabei heraus, dass die
Aufzeichnungen E's [Engbergs] nicht wörtlich, sondern teilweise
gekürzt waren. Bei Kürzungen kamen Wendungen vor, die beim
Uebertragen noch der Verbesserung im Deutsch bedurften. Es wurden beim
Vergleich Hinzufügungen nicht vorgenommen. Bei Scheidemanns Reden wurden
die Daten der Zitate genau verglichen und je ein Exemplar der beiden
Broschüren über die "Friedensarbeit der Sozialdemokratie" zu
Protokoll gegeben und zwar mit Uebertragung all der angestrichenen Stellen, die
Scheidemann zu Zwecken seiner Reden in seinem Exemplar vorgenommen hatte. Bei
Davids Reden wurde die Einleitung verglichen und zu dem Rest erklärt, dass
ein Exemplar der im Druck befindlichen Rede Davids zu Protokoll gegeben werden
soll." Zur Frage des Protokolls auch unten Anm. 7. - Engbergs Mitschrift
(hschr., Bleistift, 54 S.) in CHA, Stockholm, N. & C., Juni 1917:1; durch
Nässe z.T. beschädigt und teilweise schwer lesbar. Hschr. Notizen von
Huysmans, in CHA, Stockholm, N. & C., Juni 1917:1; Notizen von Branting, in
ARAB, NL Branting, 4.1:2, und von Van Kol, IISG, NL Van Kol, 57.- Zur Sitzung
Bericht von Stauning in dän. Social-Demokraten 5.6.1917, S. 1;
Vorwärts 9.6.1917, S. 1; Bericht von Vidnes in norw. Social-Demokraten
16.6.1917, S. 1f. (bezieht sich auf Vorwärts); Tagebucheintragung von
Molkenbuhr am 25.6.1917 in Molkenbuhr 2000, S. 314f. - nach Braun 1999, S. 320,
habe sich Molkenbuhr "im Hintergrund" gehalten; David 1966, S. 232; Bericht
Scheidemanns in MSPD-Parteiausschuß 26.6.1917, Protokoll S. 8f. (dort
aber fälschlich auf 1.6. datiert), einschließlich einer kurzen
Charakterisierung der Komiteemitglieder; Scheidemann 1921, S. 130-132, und
Scheidemann 1928/2, S. 9f.; Troelstra 1931, S. 127f., Höglund 1929, S.
184-186. - Anwesend waren nach dem Bericht im Vorwärts sämtliche
MSPD-Delegierten sowie Troelstra, Van Kol, Albarda, Branting, Möller,
Söderberg, Engberg, Stauning, Vidnes und Huysmans.

2   Nach den oben in Anm. 1 nachgewiesenen Notizen von Huysmans
war ein Punkt in Troelstras Rede: "Parler librement". Nach Scheidemann 1921, S.
131, habe Troelstra "durchblicken lassen, daß es uns als den
"Hauptangeklagten" am schlimmsten ergehen werde".

3   Nach der Mitschrift von Engberg, nachgewiesen oben in Anm. 1,
erklärte Branting außerdem, der Fragebogen sei "als Prom.[emorium]
für den Vorsitz.[enden] aufzu.[fassen] damit die selben Fragen von den
versch.[iedenen] Deleg.[ationen] disk.[utiert] werden". Es sei
"selbstverst.[ändlich] dass man nicht verlang.[en] kann dass die
Deleg.[ationen] sich über alle Fragen äussern. Hoffe dass dieses
Promem.[orium] gut sei". - Siehe auch Nachweise in Dok. Nr. P/15b, Anm. 1.

4   In der oben in Anm. 1 nachgewiesenen Mitschrift von Engberg:
"Alle Völker wünschen den Frieden auf Grunde der Selbsterhalt.[ung].
Das Prol.[etariat] hat da der Führer zu sein. Die deutsche
Soz.[ialdemokratie] hat ihr best.[es] getan um die Internat.[ionale] leben zu
lassen. In der Pflicht unserer Selbstbehaupt.[ung] haben wir doch die Pflicht
geg.[enüber] die Internat.[ionale] gefühlt. Ein Friede der die
Entwickl.[ung] aller Nationen sichert".

5   Die Taktik für die Verhandlungen in der ersten
Komiteesitzung legte die MSPD-Delegation auf einer Sitzung nach ihrer Ankunft
in Stockholm am 3.6.1917 fest, an der auch Victor Adler, Anton Hueber und
Stauning teilnahmen, "um uns zu informieren", so Scheidemann. U.a. berichtete
Adler über den "umfangreichen" Fragebogen, der "einem preußischen
Geheimrat alle Ehre gemacht hätte". "Adler war sehr ungehalten über
die Art des Prozedierens vor dem Internationalen Friedensbureau", nicht zuletzt
über die Diskussionen über das Selbstbestimmungsrecht. Die
MSPD-Delegation einigte sich auf folgendes: Entgegennahme des Fragebogens in
der ersten Sitzung und Darlegung der geführten Politik; dann interne
Beratung und Antwort auf den Fragebogen. Weiter wurde u.a. festgelegt,
daß "absolute Vertraulichkeit der Verhandlungen" gewährleistet sein
müsse und daß die Protokolle und Presseerklärungen kontrolliert
und gegengezeichnet werden müßten. Letzteres erschien notwendig,
weil Adler und Hueber mitgeteilt hatten, daß Huysmans in der
französischen Fassung der österreichischen Erklärung
"willkürlich den Sinn ändernde Streichungen vorgenommen habe". So
nach Scheidemann 1921, S. 129f., und Scheidemann 1928/2, S. 7-9. Siehe auch
Bericht Scheidemanns in MSPD-Parteiausschuß 26.6.1917, Protokoll S. 9;
Gespräch Gustav Mayer mit Scheidemann am 3.6.1917, Tagebucheintragung, S.
28f., IISG, NL Mayer, 40; Mayer 1949, S. 265. Zu den Kontakten Mayers mit den
Delegierten der MSPD Haupts 1988, S. 562f., 568. - Die österreichische
Kritik am Fragebogen in Dok. Nr. P/22.

6   Siehe die Informationen von Victor Adler in der in der vorigen
Anm. genannten Sitzung.

7   In der oben in Anm. 1 nachgewiesenen Mitschrift von Engberg
auch allgemeiner: "Dann was die Aufz.[eichnungen] belangt so ist es unser
Inter.[esse] das sie wörtl.[ich] werden. Aber diese Aufzeichn.[ungen]
müssen wir selbst prüfen können. - Wünschen Abschrift". In
den Notizen von Huysmans, ebd.: "demandent que compte rendu soit
approuvé par la délégation". Vgl. die oben in Anm. 5
nachgewiesene Sitzung der MSPD-Delegation am 3.6.1917. - Zur Frage der
Protokolle auch Kommentar oben in Anm. 1, Sitzung der MSPD-Delegation am
5.6.1917, Dok. Nr. P/27c, und Komiteesitzung mit der MSPD am 13.6., Dok. Nr.
P/34-34a.

8   In den oben in Anm. 1 nachgewiesenen Notizen von Huysmans: "IV
Albarda a) Pas de communiqué du secrét[aire] avant le
communiqué de la majorité. En même temps. Eviter la
polémique. (accord)". Siehe dazu auch Bericht Scheidemanns in
MSPD-Parteiausschuß 26.6.1917, Protokoll S. 9.

9   Nach der oben in Anm. 1 nachgewiesenen Mitschrift von Engberg
erklärte Troelstra: "Also einverstand.[en] dass die Kommuniqués
gleichzeitig publ.[iziert] werden".

10   In den oben in Anm. 1 nachgewiesenen Notizen von Huysmans:
"déjeuner". Dieses "Begrüssungsessen" fand um 13 Uhr in Rosenbad
statt, so David 1966, S. 232. Branting habe, nach dem Urteil von Troelstra, da
"eine ganz ordentliche Rede" gehalten, so Tagebucheintragung von Gustav Mayer,
S. 30, IISG, NL Mayer, 40.

11   Zu Scheidemanns Rede siehe Dok. Nr. P/27b.

12   Jean Jaurès wurde am 31.7.1914 ermordet. Der badische
Reichstagsabgeordnete der SPD Ludwig Frank fiel als Kriegsfreiwilliger Anfang
September 1914. Albert Thomas wurde im Mai 1915 zum Unterstaatssekretär im
französischen Rüstungsministerium und Ende 1916 zum
Rüstungsminister berufen.

13   Die deutsche Sozialdemokratie über Krieg und Frieden.
Eine Sammlung der Erklärungen, Aufrufe und Reichstagsreden, in den Kriegsjahren 1914-1917
die Stellung der Sozialdemokratie zum Kriege und zu den Kriegszielen dargelegt
wurde. H. 1, Berlin 1916 [bis 7.6.1916]; H. 2, Berlin 1917 [bis Mai 1917].

14   Nach Scheidemann 1921, S. 131, war diese Forderung "die
große Bosheit in verbindlichster Form."

15   Nach Scheidemanns Bericht in MSPD-Parteiausschuß 26.6.1917,
Protokoll S. 9, blieb seine Darstellung "nicht ohne Eindruck", und die
Genossen, die "von anderer Seite" debattierten, sprachen dann aus "ziemlicher
Verlegenheit" über die Schuldfrage.

16   Zu Van Kols Rede auch Dok. Nr. P/27b nach der Mitschrift
Engbergs. - Diese Rede hat am meisten Aufsehen erregt. Stauning nannte sie als
"eine besonders harsche verurteilende Rede"("en særdeles haard
dommertale"), Dok. Nr. P/31d. Scheidemann 1921, S. 131: "eine wirklich sehr
dumme Rede", "Die ganze Ententeargumentation trug er kritiklos vor";
Scheidemann 1928/2, S. 9: "eine wenig taktvolle Rede". Troelstra 1931, S. 128 :
"in einem derartigen Ton, daß nicht viel gefehlt hätte und er
hätte die Deutschen verjagd" ("op een dergelijke toon, dat het niet veel
scheelde, of hij had de Duitschers weggejaagd"). Höglund 1929, S. 184,
nach Informationen von Engberg: "eine barsche und vernichtende Kritik" ("en
brysk och nedgörande kritik"), vorgetragen "mit Leidenschaft und Schwung"
("med lidelse och schwung"). Er habe seine Worte nicht auf die Goldwaage gelegt
und sei hinterher erleichtert gewesen, daß er seinen Standpunkt
vorgetragen habe. Nach Höglund (bzw. Engberg) habe man gesehen, "wie
Branting das genoß" ("huru Branting njöt") und "strahlte"
("strålade ur ögonen"); denn das war "wie aus Brantings eigenem
Herzen" ("var som sprunget ur Brantings eget hjärta"). - In der Sitzung
der MSPD-Delegation am 4.6.1917, Dok. Nr. P/27c, wird besonders Van Kol wegen
seiner Vorwürfe kritisiert, aber ebenso werden Branting und Vidnes sowie
Söderberg kritisch genannt; letzterer taucht im Protokoll der Vorkonferenz
allerdings nicht auf.

17   Belgien wurde dann in den Sitzungen mit der MSPD am 12. und
13. 6.1917 ausführlich diskutiert, siehe Dok. Nr. P/33a-b und Dok. Nr.
P/34a-b.

18   In der oben in Anm. 1 nachgewiesenen Mitschrift von Engberg:
"Überrascht zu hören dass van Kol davon den Anlass genommen eine
Strafrede gegen die deutsche[n] Sozialdemokr.[aten] zu halten". In Notizen von
Branting, ebd.: "Ebert - Förvånad [erstaunt]. "Wütende Pauke".
- Im Tagebuch von Molkenbuhr, nachgewiesen oben in Anm. 1, S. 314f.,
heißt es: "Wir wollen den Weg zum Frieden suchen und führen vor, was
wir bisher getan haben; die Ententefreunde [als solche werden Branting, Van
Kol, Huysmans und Vidnes bezeichnet] wollen nachweisen, daß Deutschland
an allem Unglück schuld ist. Wir sagen, daß wir nicht gekommen sind,
um anzuklagen, aber noch weniger geneigt sind, die Rolle eines Angeklagten zu
übernehmen". Gustav Mayer notierte in seinem Tagebuch am 4.6.1917
ähnliches: "Verschiedene Deutsche Delegierten erklären mir, sie
dächten garnicht daran, die Schuldfrage aufrollen oder sich gar als
Angeklagte behandeln zu lassen", IISG, NL Mayer, 40; auch Mayer 1949, S. 265.
Siehe auch Bericht in Vorwärts 9.6.1917, S. 1, und Scheidemanns Bericht in
MSPD-Parteiausschuß 26.6.1917, Protokoll S. 9. - Vgl. Telegramm von
Lucius an AA, 2.6.1917, PA AA, Europa Generalia 82/11, Bd. 7: "Bat Minister
[schwedischen Außenminister Arvid Lindman] nochmals Branting vor etwaigen
Isolierungs-Bestrebungen der Deutschen auf Kongreß zu warnen - weder
Elsaß-Lothringen noch Schuldfrage dürften erörtert werden.
Andernfalls würde der Kongreß scheitern und Branting um seine Rolle
kommen".

19   Siehe auch Dok. Nr. P/27b nach der Mitschrift Engbergs.

20   Siehe auch Dok. Nr. P/27b nach der Mitschrift Engbergs.

21   Die Parteiopposition, die sich am 13.-16.5.1917 als
Sozialistischen Linkspartei Schwedens konstituiert hat. Ihre führenden
Vertreter gehörten der erweiterten ISK an, die in Stockholm die dritte
Zimmerwalder Konferenz vorbereitete.

22   Bedeutung der Neutralitätsverletzung für Branting
siehe Graß 1975, S. 47f. mit Nachweisen dort in Anm. 9. Vgl. auch die
Diskussion auf der Kopenhagener Konferenz 1915, ebd. S. 125-129; zu dieser
Konferenz ebd. S. 121-138 und Blänsdorf 1979, S. 109-133.

23   Dazu Gihl 1951, S. 284ff.; Schuberth 1981, S. 125ff.

24   Peter Spahn, Führer des Zentrums und Sprecher der
Kriegszielmehrheit. Gemeint sein dürfte seine Erklärung in der
Reichstagssitzung am 15.5.1917. Spahn rückte hier vom Annexionismus, den
das Zentrum bisher mitgetragen, ab, ging aber nicht so weit wie die MSPD, die
eine Erklärung im Sinne des Petrograder Arbeiter- und Soldatenrats
gefordert hatte. Er schloß sich in verschleiernden Worten der Antwort des
Reichskanzlers Bethmann Hollweg an, die keinswegs einen eindeutigen
Annexionsverzicht enthielt. Dazu Miller 1974, S. 300f.

25   Höglund 1929, S. 185, vermittelt die Eindrücke von
Engberg: Branting habe "mit bewundernswertem Geschick" ("med beundransvärd
skicklighet") einen Bruch mit den Deutschen verhindert. Er habe "diplomatisch"
("diplomatiskt") gesprochen und den Zorn der Deutschen gestillt, ja sogar
"Scheidemanns Herz erobert" ("erövrade Scheidemanns hjärta"),
allerdings ohne Van Kol irgendwie zu desavouiereren. Auch Troelstra, der
während Van Kols Rede "bleich vor Zorn" ("blek av vrede") geworden sei,
habe sich nach Brantings Intervention beruhigt und habe ihm "still und dankbar"
("tyst och tacksamt") die Hand gedrückt "und später er privat seine
Bewunderung aus über die meisterhafte Art, mit der Branting die
Schwierigkeiten gemeistert habe, zum Ausdruck gebracht" ("och uttalade sedan
privat sin beundran över det mästerliga sätt, varpå
Branting avklarat svårigheterna"). - Scheidemann wies in seinem Bericht
in MSPD-Parteiausschuß 26.6.1917, Protokoll S. 8, auf Brantings
Ententefreundlichkeit hin, fügte aber hinzu, er sei kein "Bösewicht",
der alles tue, damit die Entente siege. "Branting steht auf seiten der anderen,
aber wir haben alle die Ueberzeugung gewonnen, daß er bestrebt ist,
objektiv zu handeln und der Sache des Friedens zu dienen". Er habe mehrfach an
den Sitzungen nicht teilnehmen können. "Allerdings nicht böswillig;
wir haben gesehen, daß er als Mitglied des Reichstages und außerdem
als Redakteur außerordentlich beschäftigt war. Er hat sich immer
entschuldigt und auch jedesmal versprochen, daß er alles genau im
Protokoll nachlesen würde". Ähnlich im Bericht in der
Reichstagsfraktion am 4.7.1917, in Matthias/Pikart 1966, S. 264: Branting stehe
zwar "vollständig" auf Seiten der Entente, "aber man müsse
anerkennen, daß er sich energisch um das Zustandekommen von
Friedensverhandlungen bemühe". Vgl. auch Scheidemann 1921, S. 132, 143 und
145, letzteres über ein Gespräch mit dem schwedischen
Außenminister Lindman am 14.6.1917: "mit Branting haben wir auf
kameradschaftlichem Fuße verhandelt; er war offenbar bemüht,
objektiv zu sein", trotz seiner Ententefreundlichkeit. Siehe auch unten Anm.
29. - Nach Troelstras Memoiren hätte sich Branting "anfänglich
geweigert, beim Empfang der Deutschen anwesend zu sein" ("aanvangelijk
geweigerd, bij de ontvangst der Duitschers tegenwoordig te zijn"), was
allerdings als wenig wahrscheinlich erscheint. Großmann 1979, S. 265,
beobachtete, daß Branting sich "ängstlich" von den Deutschen und
Österreichern fernhielt.

26   Dazu Rojahn 1985, S. 30, 42-45.

27   Kopenhagener Kongreß der Internationale 1910,
Resolution zur Sicherung des Weltfriedens, Protokoll (Berlin 1910), S. 35
(34f.): "[...] das Eintreten für das Selbstbestimmungsrecht aller
Völker und deren Verteidigung gegen kriegerischen Angriff und gewaltsame
Unterdrückung".

28   In der oben in Anm. 1 nachgewiesenen Mitschrift von Engberg:
"Wir hatten am 3 Aug.[ust] Stellung zu nehmen zur Verteidigung unseres eigenes
Volkes. Ich hatte die Überzeug.[ung] dass es notw.[endig] war dass das
Ausl.[and] verstand dass die holl.[ändische] Soz.[ialdemokratie] ihr Land
verteid.[igen] wollte. Hat man dies mitgemacht dann versteht man auch die
deut[sch]en Sozialdemokr.[aten]".

29   Zu Troelstras Einstellung siehe auch Gustav Mayers
Tagebucheintragung am 5.6.1917, S. 29-32, in IISG, NL Mayer, 40. Danach habe
Troelstra in einem Gespräch zu Brantings Ententefreundlichkeit gesagt,
daß deswegen "kein Zweifel" an dessen "Ehrlichkeit und Friedenswillen"
bestünde. Er sei aber "ein Hitzkopf", der sich für die Entente habe
"einfangen lassen". Er sei aber auch "Realpolitiker". Da Troelstra "mehr zu den
Centralmächten" neige und beide das Komitee leiteten, gelte das
holländische Sprichwort "2 Hände auf einem Bauch". Siehe auch oben
Anm. 25. - In den oben in Anm. 1 nachgewiesenen Tagebucheintragung von
Molkenbuhr werden im Komitee Troelstra, Albarda und Stauning als "unsere
Freunde" bezeichnet, Branting, Van Kol, Huysmans und Vidnes als
"Ententefreunde".

30   Vor Eberts abschließendem Beitrag in der Mitschrift von
Engberg, nachgewiesen oben in Anm. 1, durchgestrichen: "Nächste Sitzung:
Dienstag 10,30". Branting war wegen einer Interpellation im Reichstag
verhindert, und Stauning mußte dringend nach Kopenhagen, daher die
Verschiebung; siehe Scheidemann 1921, S. 132.

31   Nach Scheidemann 1921, S. 132, äußerte Ebert: "Sei
die Konferenzleitung ein Anklagetribunal oder sei sie zur Herbeiführung
einer Verständigung berufen? Im ersteren Falle wollten wir von vornherein
mit aller Deutlichkeit feststellen, daß wir hier nicht als Angeklagte
erschienen seien. Nachdem die Anklagereden der beiden Konferenzleiter Branting
und van Kol gegen uns gehalten worden seien, sei es selbstverständlich,
daß wir darauf antworten".

32   Eine Sitzung der MSPD-Delegation fand am 4.6.1917 um 17 Uhr
statt und eine weitere am folgenden Tag, siehe Dok. Nr. P/27c und Nr.
P/27d.