Sitzung des Holländisch-skandinavischen Komitees mit der russischen Delegation, 4. Juli 1917

P/47a
Dän. Social-Demokraten 5.7.1917, S. 3.1

Auszug.

   Kl. 11 i Formiddages afholdtes Møde mellem den russiske
Delegation og den hollandsk-skandinaviske Komité. Til Stede var Russerne
Rosanof, Goldenberger [Goldenberg] og Smirnow samt deres
Sekretær og Tolk Tatjana Rubinstein, Svenskerne Branting,
Gustav Møller og Søderberg samt Sekretæren
Engberg, Hollænderen Volsegen2 og de Danske
Fru Bang og Borgbjerg.

   Branting bød Russerne hjærteligt velkommen.
Deres Initiativ til almindelig Fredskongres havde glædet, og han haabede
paa godt Samarbejde.3

   Rosanof forklarede Grunden til og Formaalet for det
russiske Initiativ.4 Dette kunde ikke anses for uneutralt. Det
russiske Arbejder- og Soldaterraad repræsenterede desuden ikke blot alle
socialistiske Grupper, men den virkelige Folkemagt, og dets Fredsprogram var
tillige Regeringens. Freden blev mulig den Dag, da Socialdemokrater i alle
Lande tvang Regeringerne til at opgive ethvert imperialistisk Krigsmaal.

   Efter en Diskussion fastsattes næste Møde til
Fredag Formiddag.

   [...]5

   I Dag er endnu tre Russere afrejst fra Petrograd, nemlig
Russanof, Dubois og Erlich. De kommer her til Stockholm Lørdag Morgen.
Dermed er Arbejder- og Soldaterraadets Delegation komplet.6

   Rosanof anser Entente-socialisternes Fredskonference i
London for overflødig.

   Huysmans mente derimod at den vil være nyttig.

   [...]7

Übersetzung

   Um 11 Uhr vormittags wurde eine Sitzung der russischen
Delegation mit dem Holländisch-skandinavischen Komitee abgehalten.
Anwesend waren die Russen Rosanov, Goldenberger [Goldenberg] und
Smirnov mit ihrer Sekretärin und Dolmetscherin Tatjana
Rubinstein
, die Schweden Branting, Gustav Möller und
Söderberg sowie der Sekretär Engberg, der
Holländer Volsegen [Vliegen] und die Dänen Frau Bang
und Borgbjerg.

   Branting hieß die Russen herzlich willkommen. Ihre
Initiative für einen allgemeinen Friedenskongreß habe Freude
bereitet, und er hoffe auf eine gute Zusammenarbeit.

   Rosanov erklärte den Anlaß und das Ziel der
russischen Initiative. Diese könne nicht als nicht neutral bezeichnet
werden. Der russische Arbeiter- und Soldatenrat vertrete außerdem nicht
nur alle sozialistischen Gruppen, sondern tatsächlich die Macht des
Volkes, und sein Friedensprogramm sei das der Regierung. Der Frieden werde
möglich an dem Tag, an dem die Sozialdemokraten in allen Ländern die
Regierungen zur Aufgabe sämtlicher imperialistischer Kriegsziele
zwängen.

   Nach einer Diskussion wurde die nächste Sitzung auf
Freitagvormittag angesetzt.

   [...]

   Heute sind drei weitere Russen aus Petrograd abgereist,
nämlich Rusanov, Dubois und Erlich. Sie kommen am Samstagmorgen nach
Stockholm. Dann ist die Delegation des Arbeiter- und Soldatenrats
vollständig.

   Rosanov hält die Friedenskonferenz der Ententesozialisten
für überflüssig.

   Huysmans dagegen meint, sie sei von Nutzen.

   [...]

Anmerkungen

1   Gezeichnet B., d.h. Frederik J. Borgbjerg. Die
Überschrift: "Fredskonferencen i Stockholm. Møder med den russiske
Delegationen" [Die Friedenskonferenz in Stockholm. Sitzungen mit der russischen
Delegation]. - Zu den Sitzungen mit der russischen Delegation siehe Nachweise
in Dok. Nr. P/47, Anm. 1.

2   Gemeint Vliegen.

3   Siehe auch Dok. Nr. P/35, Nr. P/42 und Nr. P/49c.

4   Zur Abreise der Delegierten des Arbeiterrates nach Stockholm
siehe Bulletin des Arbeiter- und Soldatenrats, Nr. 3, 5.7.1917, S. 1-3; Referat
von Rosanov, Die internationale sozialistische Konferenz, auf dem Allrussischen
Kongreß der Arbeiter- und Soldatenräte am 24.6.1917, ebd. S. 5-7;
Rosanov, Warum nahm das Exekutivkomitee des Arbeiter- und Soldatenrates die
Initiative der Einberufung einer internationalen sozialistischen Konferenz auf
sich?, in Bulletin des Arbeiter- und Soldatenrats, Nr. 4, 7.7.1917, S. 4-7.

5   Hier werden die Gespräche der russischen Delegation mit
der ISK, Vertretern der USPD und MSPD, mit Victor Adler und Jakob Weltner
genannt. Die russischen Vertreter, die am 3.7.1917 in Stockholm ankamen, wurden
am Bahnhof von Haase, Kautsky, Ledebour und Cohn mit empfangen, schwed.
Social-Demokraten 4.7.1917, S. 1. Diese sowie Hofer haben die russischen
Delegierten dann noch vor einer Sitzung mit dem
Holländisch-skandinavischen Komitee "abgefangen" und ein Gespräch mit
ihnen von 16 Uhr "bis spät Abends" geführt, so Bericht von Bam
4.7.1917, abgedruckt in Lademacher 1967/1, S. 525f. Nach einem Bericht von Bam
am 6.7., ebd. S. 528f., hätten die USPD-Vertreter den "ehrlichen
Friedenswillen des deutschen Proletariats, dessen wirkliche Vertretung die
deutsche Minorität sei", bestätigt. Die Minderheit stelle "eine
wirkliche Kraft" in Deutschland dar. Sie lehne jeglichen Separatfrieden ab,
begrüße die russische Friedensinitiative und die Formel ohne
Annexionen und Kontributionen, werde "die imperialistischen Tendenzen" in
Deutschland "mit allen Mitteln" bekämpfen "und die soziale Revolution in
Deutschland vorbereiten," zu der jedoch während des Krieges die
Voraussetzungen fehlten. Mit "der allgemeinen Demokratisierung" könne
jedoch zu rechnen sein, "wobei die deutsche revolutionäre Sozialdemokratie
tonangebend sein werde." Das "eheste Zustandekommen der Friedenskonferenz" sei
für die deutsche wie russische Sozialdemokratie "eine Lebensfrage". Bei
einem Scheitern wäre "die Werbekraft des internationalen Sozialismus
verloren." "Die Friedenskonferenz müsse von aller Regierung sofortigen
Friedensabschluss, basierend auf der russischen Formel, fordern und sie im
Weigerungsfalle mit Repressalien bedrohen." Die russische Delegation stimmte
"im allgemeinen" zu und meinte, die "Schwierigkeiten" lägen in Frankreich
und England, weswegen man diese Länder auch besuchen werde. In einer
Mitteilung stellte die russische Delegation fest, daß die USPD die
russische Plattform "vollständig" gebilligt habe und bereit sei, an der
Konferenz teilzunehmen, in Bulletin Arbeiter- und Soldatenrat Nr. 5, 10.7.1917,
S. 1; wiedergegeben auch in schwed. Social-Demokraten 11.7., S. 1. Die
Zustimmung der USPD hob auch Rosanov in seinen Berichten hervor, nachgewiesen
in Dok. Nr. P/47, Anm. 1. Nach einem Bericht von Gustav Mayer am 4.7.,
abgedruckt in Lademacher 1967/1, S. 524, habe sich die USPD "mit dem Ergebnis
der Besprechung sehr befriedigt erklärt." Nach Mayer 1949, S. 273, sei
eine Verständigung der beiden Delegationen leicht gewesen, da die USPD
"unbedenklich" bereit war, den Kampf gegen den Imperialismus aufzunehmen. - Das
Gespräch mit der ISK fand am 3.7.1917 statt; die Sitzung wurde am
folgenden Tag ohne die Russen, fortgesetzt. Von russischer Seite nahmen am 3.7.
Rosanov, Goldenberg und Smirnov teil. Sie erklärten, sich an der
Vorbereitung der Zimmerwalder Konferenz nicht zu beteiligen, da sie eine
allgemeine Konferenz anstrebten. Sie wollten sich informieren und ihre Ziele
erklären. Goldenberg erklärte, ein Bruch der Burgfriedenspolitik sei
keine Vorbedingung für die Konferenzteilnahme und sowohl Mehrheits- als
auch Minderheitsparteien könnten teilnehmen. Die USPD war durch Kautsky,
Haase, Louise Zietz und Cohn vertreten. Haase informierte über den
Beschluß der USPD, an der Stockholmer Konferenz teilzunehmen. Die
Mehrheit der übrigen Teilnehmer kritisierte die russische Plattform, u.a.
auch mit dem Hinweis auf die Antwort an die drei Ententeminister (siehe Dok.
Nr. P/47, Anm. 3) und sprach sich gegen eine Teilnahme aus. Dazu Bericht von
Rosanov, 10.7.1917, nachgewiesen in Dok. Nr. P/47, Anm. 1, und Balabanoff 1926,
S. 372f. In ihren Erinnerungen, Balabanoff 1927, S. 165, gibt Balabanova an,
daß für die USPD auch Bernstein, Ledebour, Stadthagen, Hofer,
Herzfeld und Bernstein sowie Käte Duncker teilgenommen hätten.
Kautsky und Bernstein seien "mehr für die Beschickung der allgemeinen
Konferenz" eingetreten, dagegen Ledebour, Herzfeld ("wenn ich mich nicht irre")
und Duncker für eine Beteiligung nur an der Zimmerwalder Konferenz. Hier
trügt die Erinnerung. Bernstein und Stadthagen waren bereits am 2.7.
abgereist, Ledebour am 3.7. morgens; Käte Duncker war damals nicht in
Stockholm. Sie und die beiden letzteren nahmen allerdings an der 3.
Zimmerwalder Konferenz im September teil, wie von der USPD außerdem noch
Haase, Hofer und Wengels. Siehe auch Dok. Nr. P/44a, Anm. 1. - Die übrigen
Gespräche genannt in Bulletin des Arbeiter- und Soldatenrats Nr. 5,
10.7.1917, S. 1. Weltner erklärte der russischen Delegation, daß die
ungarische Partei die "Plattform des Arbeiterrates" und die Einladung zur
Konferenz annehme; vgl. auch Dok. Nr. P/42, Anm. 2. Victor Adler erklärte
sich mit "der Plattform des Arbeiterrates einverstanden", und seine Partei
werde auch den Beschlüssen der Konferenz Folge leisten, sogar trotz
bisheriger Zustimmung gegen Kriegskredite stimmen, falls die Konferenz dies
beschließe. Hermann Müller konnte für die MSPD eine solche
Erklärung nicht abgeben, da er über den Standpunkt der Parteileitung
"nicht unterrichtet" sei, aber er werde sich in Berlin entsprechend
informieren. Eine zustimmene Antwort erfolgte am 20.7.1917, abgedruckt in
Mitteilungs-Blatt [USPD] Nr. 18, 29.7.1917, S. 3, und Socialdemokratische
Partei-Korrespondenz Nr. 22, 4..1917, S. 215. Bereits am 7.6. hatte die MSPD
allgemein die Bereitschaft, an einer Konferenz teilzunehmen, übermittelt;
siehe Dok. Nr. Nr. P/32c, Anm. 3. - Eine weitere Sitzung mit der ISK fand am
9.7. statt, siehe Dok. Nr. P/51a, Anm. 2.

6   Zur Ankunft; siehe Dok. Nr. P/47, Anm. 2.

7   U.a. erwähnt Borgbjerg, daß Rosanov in 14 Tagen
nach Petrograd zurückkehre, während die übrige Delegation nach
London, Paris und Rom weiterreise.