Entwurf einer Stellungnahme nach den Sitzungen mit der russischen Delegation, o.D. [14. September?]

P/70a
CHA, Stockholm. N. & C., September 1917. Hschr., 4 S.

[...]1                       
Stockholm

   Das Organisations Bureau der internationalen sozialistischen
Friedenskonferenz, bestehend von dem Holländisch-skandinavischen
Komité und den Delegaten der Arbeiter- und Soldatenräte
Rus[s]lands, hat in den Tagen 10-14 September Vollsitzungen
abgehalten.2

   Nachdem das Bureau den ausführlichen Bericht der
russischen Delegation über ihre Reise nach London, Paris und Rom
gehört hatte,3 und nach einer sorgfältigen Uberwägung
[Erwägung] der vorliegenden Situation hat es einstimmig beschlossen das
folgende auszusprechen.

   Wir konstatieren mit Freude, dass unsere Einladung vom 11.
Juli4 empfangen worden ist von der grossen Mehrzahl der an der
Internationale angeschlossenen Parteien, sowohl von den Mehrheiten als von den
Minderheiten, sowohl in den Centralländern als in den
Ententeländern.

   Die Passverweigerung gewisser Regierungen hat trotzdem doch die
Abhaltung der Friedenskonferenz zu der verabredeten Zeit den 9. September
unmöglich gemacht.

   Wir legen unsere[n] schärfste[n] Protest nieder gegen
diese Versuche mit [? wegen Wasserschaden schwer lesbar] Macht die
internationale Sozialdemokratie zu verhindern sich zu sammeln um über die
Bedingungen eines allgemeinen und dauerhaften Friedens zu
verhandeln.5

   Wir sprechen unseren festen [unsere feste] Zuversicht aus, dass
es den Sozialdemokratien in den Ländern, deren Regierungen die Pässe
verweigern, gelingen wird diese Hinderung für ihre Teilnahme in der
Friedenskonferenz überzuwinden, und sobald dass [das] geschehen ist,
wird das Bureau das endeliche [endgültige] Datum der Konferenz
feststellen
.6

   Indem wir diesen unseren festen [diese unsere feste] Zuversicht
aussprechen7 sprechen wir auch unseren festen [unsere feste]
Zuversicht aus, dass die Sozialdemokratien der Centralländer mit immer
wachsender Kraft für eine durchgreifende Demokratisierung ihrer Staaten
arbeiten werden.

   Es ist uns klar dass je stärker und je schneller eine
solche Demokratisierung durchgeführt wird, desto mehr wird die Arbeit
für den Frieden den Genossen der Westmächte erleichtert - und auf der
anderen Seite, je kräftiger diese Friedensarbeit hervorschreitet
[voranschreitet], desto besser werden die Aussichten für einen
erfolgreichen Kampf der Demokratisierung in den Centralländern.

   Wir bitten eindringlich alle Parteien ihre Aufmerksamkeit daran
zu festen [darauf zu richten], welchen Einfluss beide Teile - die
Demokratisierung der noch autokratisch regierten Staaten und eine immer
energischere Arbeit für einen schnellen und allgemeinen Frieden auf der
Grundlage unserer Einladung vom 11. Juli - für das russische Volk haben
werden in seinem Kampf und seiner Arbeit für die Befestigung und
Entwicklung der Eroberungen der grossen Revolution.

   Die russische Sozialdemokratie erwartet dass die Genossen
sowohl in den Centralländern als in den Ententeländern in dieser
Hinsicht sich ihrer Pflichten voll bewusst sein werden.

   Wir haben mit Genugthuung die wachsende[n] Friedensbewegungen
unter den Arbeitermassen in allen Ländern beobachtet und bitten die
Parteien in Übereinstimmung mit dem Gebote der Internationale mit immer
grösserer Kraft diese Bewegung zu fördern und zu stärken.

   Das Organisationsbureau führt auch, demselben Gebote
gehorchend, die Arbeit weiter, und hofft in der nächsten Zukunft den
Abteilungen der Internationale ein Exposé über die von einer Reihen
[Reihe] der Parteien der beiden kriegführenden Gruppen ausgearbeiteten
Memoranda über den Frieden und dessen Bedingungen zuzustellen [zustellen]
zu können.8

   Wir setzen unsere Arbeit fort für eine Verständigung
zwischen den Parteien der Internationale nicht nur unserer Pflicht gehorchend
aber in der ganz festen Zuversicht dass die ganze Internationale in der
nächsten Zukunft sich in Stockholm sammeln kann zu gemeinsamer Beratung um
dem entsetzlichen Krieg ein Ende zu machen und der Menschheit den dauerhaften
Frieden zu geben.

Anmerkungen

1   Briefkopf Hotel Continental Stockholm. TELEFON &
TELEGRAFADR.[ESS] CONTINENTAL INTERN. HOTEL CODE.

2   Siehe Dok. Nr. P/66-67 und Nr. 69. - Siehe auch Manifest, Dok.
Nr. P/70b.

3   Siehe Dok. Nr. P/66, mit Anm. 2.

4   Siehe Dok. Nr. P/51g.

5   Danach folgender Absatz gestrichen und später
eingefügt: "Das Organisations-Bureau setzt indessen seine Wirksamkeit fort
und hofft in der nächsten Zukunft den Abteilungen der Internationale ein
Exposé über die von einer Reihe der Parteien der beiden
kriegführenden Gruppen ausgearbeiteten Memoranda über den Frieden und
dessen Bedingungen zuzustellen zu können".

6   Danach gestrichen und später eingefügt: "Wir haben
mit Genugthuung die wachsende Friedensbewegung in allen Ländern beobachtet
und bitten die sozialdemokratischen Parteien mit immer grösserer Kraft
diese Bewegung zu fördern und zu stärken".

7   Danach gestrichen: "dass es den Genossen der
Ententeländer gelingen wird die Passschwierigkeiten
überzuwinden".

8   Siehe Dok. Nr. P/72 -72a.