Handbuch der kommunistischen Geheimdienste

Review: Uhl on Lukasz et al.

Kaminski, Lukasz; Persak, Krzysztof; Gieseke, Jens (Hrsg.): Handbuch der kommunistischen Geheimdienste in Osteuropa 1944-1991 (= Analysen und Dokumente der BStU 33). Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2008. ISBN 978-3-525-35100-0; geb.; 583 S.; EUR 39,90.

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Rezensiert für H-Soz-u-Kult von:
Matthias Uhl, Deutsches Historisches Institut Moskau
E-Mail: [mailto]matthias.uhl@dhi-moskau.org[/mailto]

Vor 20 Jahren lösten sich die meisten kommunistischen Geheimdienste im Zuge der friedlichen Revolution in Osteuropa mehr oder weniger auf. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte kaum jemand ernsthaft geglaubt, dass sich die Sehnsucht der Menschen nach Freiheit und Gerechtigkeit gegen die als "Schild und Schwert" der kommunistischen Parteien verstehenden Sicherheitsdienste durchsetzen könne. Zu übermächtig erschienen die Sicherheitsapparate, die über ein fast unbegrenztes Budget und Zehntausende bis manchmal Hunderttausende Mitarbeiter, Agenten und Zuträger verfügten. Deren Ziel war es, alle tatsächlichen und vermeintlichen Gegner der "neuen Ordnung" aufzuspüren und zu vernichten, womit nicht selten Verfolgung bis zum Tod gemeint war.

Gleichwohl konnte der kommunistische Sicherheitsapparat nur in einer Atmosphäre der Angst und des Terrors funktionieren. Sobald die Menschen, wie in der DDR 1953, 1956 in Ungarn oder während des Prager Frühlings1968 sowie im Herbst 1989 ihre Furcht vor den Sicherheitsdiensten verloren, zeigte sich, dass diese wohl im Stande waren, den Widerstand Einzelner zu unterdrücken, doch gegenüber Massen- und Volksprotesten hilflos blieben. Damit endeten die sich nach dem Vorbild des ersten kommunistischen Geheimdienstes, der "Tscheka", verstehenden Tschekisten auf dem Abfallhaufen der Geschichte. Die oft kilometerlangen Aktenreihen ihrer Opfer landeten zumeist in staatlichen Archiven, wo sie jetzt, wie im Fall der Bundesrepublik und Polens, für die Forschung gut, oder aber, wie in Russland und Rumänien, kaum oder nur selektiv zugänglich sind.

Die nach der Zerschlagung der Geheimdienste und der zumindest teilweise erfolgten Öffnung ihrer Archive stattfindende systematische Untersuchung des wohl wichtigsten Unterdrückungsinstruments der kommunistischen Diktatur lässt jetzt endlich auch ihren Vergleich im osteuropäischen Rahmen zu. 2005 gab das Institut für nationales Gedenken in Warschau in englischer Sprache eine erste Fassung des Handbuches der kommunistischen Geheimdienste heraus, das jetzt in einer überarbeiteten Fassung auch auf Deutsch und Polnisch vorliegt.

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