Sitzung des Holländisch-skandinavischen Komitees, 21. Juni 1917

P/42
CHA, Stockholm, N. & C., Juni 1917:3. Hschr. (Arthur Engberg), 9 S.

Réunion du Comité

1. 21 juin 17

   1. Telegr.[amm] an die Ungarn.1

Troelstra: Billigt den Vorschlag aber möchte hinzufügen
dass wir sobald möglich die Antwort kennen wollen welche die Ungarn
schicken können. Die Parteien haben wahrscheinlich alle dies
Telegr.[amm] bekommen.2

   Huysmans teilt mit dass Gen.[osse] Weinberg dies
in Aussicht gestellt habe3 aber Huysmans hat davon abgeraten. 
- Wir müssen 1) den Ungarn antwort.[en]

   2) dem Soviet telegr.[afieren] und unsere Verwund.[erung]
ausdrücken dass sie ohne Verb.[indung] mit d[em] Kom.[itee] dies getan hat
[haben].

   Branting: Dienstag morgen soll die russ.[ische]
Deleg.[ation] von Petrograd abgereist [sein]. Del[egation] gross: etwa 16
Personen.4 - Bei d.[er] Eisenbahn gefragt und die
Minorität5 wird also morgen kommen.

   Troelstra: Ehe wir mit d.[en] Russen spr.[echen]
sollen wir uns im Kom.[itee] verständigen wie wir die Sache legen wollen.
- Schlägt vor eine besond.[ere] Sitz.[ung] abzuhalten.

   Bang: Billigt nicht den Text für das
ung.[arische] Telegr.[amm].

  Troelstra, Albarda u.[nd]
Branting sind mit d.[em] Entwurf ganz einverstanden.

   Branting: Wir können eine nützl.[iche]
Zeit verlieren wenn wir nicht eine Kundgebung schon heute geben und z B sagen
dass die russ.[ische] Del.[egation] unterwegs ist.

   Huysmans: Schlägt vor: Die russ.[ische
Delegation] ist unterwegs um sich zu verständigen über die
Bedingungen u.[nd] Datum d.[er] Konf.[erenz].

   Troelstra: Vorschlag: Das Kom.[itee] hat von
verschiedene[n] Seiten Anfragen bekommen über die Einberufung einer
allg.[emeinen] Konfer.[enz]. Das Kom.[itee] hat geantwortet dass diese Frage
entschieden werden kann erst wenn die russ.[ische] Del.[egation] gekommen ist
und mit unserem Kom.[itee] überlegt hat über die Einberufung und ein
endgültiges Datum das allen Parteien erlaubt nach Sthm [Stockholm] zu
fahren.

   Beschluss: Ein ähnl.[iches]
Kommuniqué zu veröffentlichen.

   Van Kol: Wundert [gemeint: fragt] sich ob
Weinberg bevollmächtigt ist im Namen des Arbeiter- u.[nd]
Soldatenrats.

   Branting: Nützlich eine gemeinsame Linie
für d.[ie] Unterhandl.[ungen] mit d.[en] Russen zu haben. - Sie wollen
vielleicht bedingungslose Teilnahme. - Jetzt die formelle Zusage
von allen Parteien. Einige von ihnen stellen gewisse Bedingungen. Es fragt sich
ob wir dann für die Verhandl.[ungen] m.[it] d.[en] Russen eine bestimmte
Tagesordnung haben muss [müssen]. Weiter fragt sich ob wir die
russ.[ische] Init.[iative] benutzen können.6

   Troelstra: Ein voriges Mal d.[ie] Frage
besprochen.7 Zuerst also d.[ie] Form einer Verbind[ung] d.[er] zwei
Initiative. Die Russen sollten also die Ehre d.[er] Init.[iative]
haben8 aber wir sollten auf der Grundl.[age] d.[er] Statuten d.[es]
I.S.B. die In.[itiative] ausführen. - Die Russen wollen doch ganz gewiss
an d.[er] Arb.[eit] teilnehmen. Russ.[ischer] Arb.[eiter] u.[nd] Sold.[aten]rat
hat doch polit.[ische] Natur u.[nd] die russ.[ische] Reg.[ierung] ist auch
daran gebunden. Über die Mitarbeit d.[er] Russen muss also festgestellt
werden welcher Art diese Mitarb.[eit] sein muss. Die Russen
sollten unserem Komitee eine Deleg.[ation] anfügen, wenn wir uns zuerst
über die Geltung d.[er] Internationale einig sind. Wäre bereit
einzuwilligen eine solche Erweiterung d.[es] Komitees zu machen.

   Huysmans: Die Beding.[ung] dieser Frage fordert
gewisse moral.[ische] Genugthuung haben an diejenigen die aggress.[ive]
Pol.[itik] treiben wollen.

   Troelstra erklärt seine Meinung.

   Branting Gen.[osse] Troelstra meint also dass man
zuerst den Russen diesen Vorschlag macht.

   Möller glaubt nicht nützlich eine
solche Angliederung zu machen. Man soll auch beachten dass die Russen
innerpol.[itische] Zwecke hier haben. Sie wollen ja auch zeigen dass sie alles
für den Frieden gemacht [haben].

   Huysmans: Man muss die Position d.[er] Russen
kennen lernen. Diese Leute kommen um uns zu sagen: "Ihr Leute von Haag u.s.w.
Ihr könnt es nicht. Hier stehen wir Russen die es tun können." - Das
wird ihre Position sein.

   Branting: Diese Position unannehmbar.

   Huysmans: Richtig, aber was sollen wir darauf
antworten?

  Troelstra: Wir können die Bernerkommission nicht
einbeziehen.

   Branting Nein diese Kom.[mission] können wir
nicht anerkennen.

   Troelstra: Zuerst eine Tagesordnung. Dann kann
gewählt werden. - Es darf kein Obj.[ekt] für theoret.[ische]
Streitigk.[eiten] werden.

   Huysmans: Denken Sie dass die Russen etwa
annehmen werden dass das Komitee bleibt und etwa eine Angliederung der Russen
machen. Das Entgegengesetzte werden sie durchsetzen.

   Troelstra: Eine Konf.[erenz] mit Zimmerwald
machen nunmehr die Parteien nicht mehr mit. Wir haben die pol.[itische]
Machtstellung und die müssen wir benutzen. Wenn wir nur fragen dass wir
nicht anders als das was der Konf.[erenz] nützt annehmen können, dann
geht's. In der Tagesordn.[ung] sollen also die Beding.[ungen] so gestellt
werden dass die soz.[ialistischen] Taktikfrag.[en] u.s.w. ausgeschlossen sind
dann haben wir einen Ausgangspunkt.

   Möller: Bezweifelt die Mögl.[ichkeit]
die Zukunftsfragen auszuschalten. Es muss zur Verhandl.[ung] kommen.

   Beschluss über das
Kommuniqué.9

   Branting vertritt auch die Meinung dass die
Russen grosse Forderungen stellen werden.

   van Kol : Wir müssen so viel als
mögl.[ich] zugeben um etwas zu gewinnen. Und in dieser Hinsicht ist d.[er]
Vorschlag sehr gut. Wir haben angefangen und können fragen: Wollen Sie mit
uns zusammenarbeiten oder nicht?

   Branting befürchtet dass die Russen sogar es
als Kapitulation betrachten werden wenn sie gezwungen werden sich damit zu
begnügen nur ein Detachement im Komitee zu lassen. Am besten eine neue
interne Sitzung im Komitee zu haben nachdem wir vorläufig die Russen
gehört haben.

Anmerkungen

1   Es handelt sich hier um eine telegrafische Anfrage im Zusammenhang
mit der unten in Anm. 2 genannten Konferenzeinladung des Arbeiter- und
Soldatenrats. Die ungarische Anfrage und die Antwort des Komitees liegen nicht
vor.

2   Telegramm des Informationsbüros des Arbeiter- und
Soldatenrats vom 18.6.1917 an einzelne Parteien mit der Mitteilung des
Beschlusses vom 2.6., eine internationale Konferenz zum 28.6. bis 8.7. nach
Stockholm einzuberufen; siehe Tscheidse (Ccheidze) an Stauning, in Stockholm am
19.6. eingetroffen, in ABA, SDF, 531; an DNA veröffentlicht in norw.
Social-Demokraten 20.6.1917, S. 1; an ungarische Partei in dän.
Social-Demokraten 22.6.,S 1; an Ebert in Vorwärts 22.6., S. 1, und
Tscheidse (Ccheidze) und Rosanov an MSPD, 23.6.1917, ARAB, NL Wilhelm Jansson,
Box 3. Siehe auch Dok. Nr. P/42a. - Die ungarische Antwort an den Arbeiter- und
Soldatenrat teilweise zitiert in norw. Social-Demokraten 25.6.1917, S. 4. Die
ungarische Partei nehme an der Konferenz teil und hoffe, daß eine
allgemeine Konferenz "so rasch wie möglich" ("med det første")
zustandekomme, und zwar "in möglichst enger Zusammenarbeit mit dem
Holländisch-skandinavischen Komitee" ("i sterkest mulig samvirke med den
hollandsk-skandinaviske komité"). Jakob Weltner begebe sich nach
Stockholm,"um an den vorbereitenden Verhandlungen über die Formen der
Konferenz teilzunehmen" (for att delta i de forberedende forhandlinger om
formerne for konferansen"). - Vgl. Fürstenberg (über Hadik) an
Außenministerium, Stockholm, 23.6.1917, HHStA, PA I, Krieg 25 z, rot 958,
Nr. 372: "Der Soldaten- und Arbeiterrat hat seine Einladung zu der allgemeinen
Konferenz für 28. Juni (wohl alten Stils) an die sozialistischen Parteien
versendet, ohne sich vorher mit dem holländisch-skandinavischen Komitee
deshalb ins Einvernehmen zu setzen oder dasselbe auch nur nachträglich von
dieser Demarche zu unterrichten. Das Komitee, welches seit etwa zehn Tagen
keine direkte Mitteilung vom Soldaten- und Arbeiterrat erhalten hat und erst
infolge einer Anfrage der ungarischen sozialdemokratischen Partei auf
vorerwähnte Einladung aufmerksam wurde, ist bis jetzt vollkommen im
unklaren über die Modalitäten, unter denen die Russen die Konferenz
in die Wege zu leiten wünschen".

3   Wohl Mitteilung in der privaten Besprechung Julij Weinbergs
mit dem Holländisch-skandinavischen Komitee am 16.6.1917, siehe Telegramm
(Durchschlag) an den Arbeiter- und Soldatenrat, mit dem abschließenden
Satz: "Zwei Konferenzen nebeneinander wären verhängnisvoll". In CHA,
Stockholm. N. & C., Juni 1917:3; dort auch hschr. Konzept von Troelstra. -
Siehe auch Interview mit Weinberg in norw. Social-Demokraten 19.6.1917, S. 1,
und dän. Social-Demokraten 19.6., S. 1. Weinberg kündigt u.a. die
Errichtung eines Pressebüros und die Herausgabe eines Bulletins an (siehe
Dok. Nr. P/35, Anm. 7) sowie die baldige Ankunft einer russischen Delegation.
Es sei noch nicht entschieden, ob man sich dem Holländisch-skandinavischen
Komitee anschließe oder für eine eigene Konferenzinitative
agiere.

4   Von wem diese konkrete Mitteilung stammt, ist nicht
nachweisbar. Im Telegramm des Arbeiter- und Soldatenrats an Branting und
Huysmans, 12.6.1917, in schwed. Social-Demokraten 15.6.1917, S. 1, heißt
es nur allgemein: "Unsere Delegation kommt bald nach Stockholm" ("Vår
delegation kommer snart till Stockholm"). Ebenso in den oben in Anm. 3
nachgewiesenen Interviews mit Weinberg. - Am 21.6.1917 wurde Branting
telegrafisch mitgeteilt, daß sich die Abreise wegen des ersten
allrussischen Kongresses der Arbeiter- und Soldatenräte (16.6.-7.7.1917)
ein wenig verzögere, zitiert in Geyer 1957, S. 237; Mitteilung auch in
schwed. Social-Demokraten 23.6.1917, S. 6. Die Delegation sollte auf diesem
Kongreß bestimmt werden, um ihr mehr Autorität zu verleihen als nur
durch die Abordnung durch den Petrograder Arbeiter- und Soldatenrat; Wade 1967,
S. 455. Am 28.6. und 30.6.1917 teilte Paul Olberg Stauning mit: Delegation
"sollte heute von Petrograd nach Stockholm abfahren"; in ABA, SDF, 528. Die
Delegation ist dann am 3.7. in Stockholm eingetroffen. Siehe Dok. Nr. P/47 und
Nr. P/47a.

5   Gemeint ist die USPD. Zur Ankunft siehe Dok. Nr. P/44a, Anm.
1.

6   Vgl. dazu schwed. Social-Demokraten 18.6.1917, S. 1, und
Brantings Kommentar ebd. S. 6. Branting setzte hier voraus, daß der
Arbeiter- und Soldatenrat mit dem Holländisch-skandinavischen Komitee
zusammenzuarbeiten wolle und äußerte "größte
Befriedigung" ("största tillfredsställelse"). Es sei schwierig,
überhaupt eine russische Delegation zu senden, und die gemeinsame
Organisation einer Konferenz sei angesichts der unterschiedlichen Vorstellungen
und Erwartungen kompliziert. Dies unterstreiche nur, daß es notwendig
sei, die Konferenz in einem neutralen Land zu organiseren.

7   Siehe Dok. Nr. P/31a.

8   So Troelstra auch in seinem Bericht am 12.6.1917, Dok. Nr.
P/33b.

9   Siehe Dok. Nr. P/42a.