Manifest des Holländisch-skandinavischen Komitees und der russischen Delegation, 11. Juli 1917

P/51g
ARAB, NL Hjalmar Branting, 4.1:2. Hekt.1

Auszug

PROLÉTAIRES DE TOUS LES PAYS UNISSEZ-VOUS!

INVITATION À LA CONFÉRENCE SOCIALISTE INTERNATIONALE DE
STOCKHOLM

(15 août 1917 et jours suivants).

   La guerre dure depuis trois ans et l'on n'aperçoit pas
encore l'issue du conflit.

   C'est la préparation de cette solution nécessaire
qui a amené le Conseil des Députés Ouvriers et Soldats
de Pétrograde
à prendre l'initiative de convoquer, sous le
drapeau de la révolution russe, une conférence internationale du
monde socialiste. Cette proposition, - qui avait été
précédée d'ailleurs de suggestions analogues
émanant de nombreux partis socialistes, a été
sanctionnée par le Congrès des Conseils des
Députés de toute la Russie
. Elle a pour but d'unir toutes les
forces du prolétariat international, pour obtenir une paix sans
annexions ni contributions et basée sur le droit des peuples de disposer
librement d'eux mêmes.

   Pour mener cette tâche à bonne fin, la
délégation des Conseils de Russie s'est aussurée la
collaboration effective du Comité Hollando-Scandinave, qui a
fondu ses projets dans l'initiative russe et qui avait déjà
précisé de nombreuses questions par des conférences
séparées avec la pluspart des partis socialistes.

   Ein gemeinsames holländisch-skandinavisches-russisches
Organisationkomitee sei gebildet worden.2 Die Konferenz folge den
für die internationalen Sozialistenkongresse geltenden Regeln. Eingeladen
seien die dem ISB und dem Zimmerwalder ISK angeschlossenen Parteien,
Mehrheiten wie Minderheiten, und die Oppositionsgruppen, die sich im Krieg
konstituiert hätten, sowie die der gewerkschaftliche Internationale
angeschlossenen Organisationen.

   Die vorläufige Tagesordnungs: "1) La guerre mondiale et
l'Internationale. 2) Le programme de paix de l'Internationale. 3) Les voies et
moyens pour réaliser ce programme et terminer rapidement la
guerre"
.

   Um den Frieden zu erreichen, müßten alle
sozialistischen Parteien und gewerkschaftlichen Organisationen "refuser toute
collaboration avec leur gouvernement qui aurait, ou bien refusé
d'indiquer ses buts de guerre, ou bien formulé, sous forme ouverte ou
masquée, les buts impérialistes et refusé d'y
renoncer". 

   Man sei überzeugt, daß von diesen gemeinsam
umfaßten Anschauungen ausgehend, die Bereitschaft bestünde,
"à accepter l'obligation de mettre en pratique sans hésitation ni
déviation, les résolutions de la Conférence
Générale."

   Ergänzungen zur Tagesordnung könnte dem
Organisationsbureau zugestellt werden.

   Unterzeichnet von der russischen Delegation: Erlich,
Goldenberg, Rosanov, Rusanov, Smirnov; dem Holländisch-skandinavischen
Komitee: Troelstra, Van Kol, Albarda (Stellvertreter Vliegen, Wibaut),
Branting, Söderberg, Möller, Borgbjerg (Stellvertreterin Nina Bang),
Vidnes;4 Sekretariat: Huysmans, Engberg.

DÉCLARATION COMPLÉMENTAIRE DE LA DÉLÉGATION
RUSSE

   La délégation du Congrès
des Conseils des Députés
de toute la Russie constate
avec regret qu'elle n'a pu obtenir la collaboration de la Commission
socialiste internationale de Berne
aux travaux préliminaires de la
Conférence générale.

   Eine Beteiligung der ISK erschien notwendig "non seulement
parce que telle était la teneur de son mandat impératif, mais
aussi parce que tous les partis socialistes, qui développent leur
activité en Russie, sont affiliés à l'Union
Zimmerwaldienne". Eine Beteiligung der ISK erschien auch "d'autant plus
nécessaire", weil ein großer Teil der Zimmerwald angeschlossenen
sozialistischen Parteien in Rußland und in anderen Ländern ihre
Teilnahme an der vom Arbeiter- und Soldatenrat initiierten Konferenz zugesagt
hätten.

    Allerdings habe die ISK, die z.Z. nur aus vier in
Stockholm anwesenden Mitgliedern bestehe, trotz der verweigerten Teilnahme "des
services d'ordre technique" nicht abgelehnt. Eine eventuelle Teilnahme werde
auf der fünf Tage vor der Stockholmer Konferenz stattfindenden
Zimmerwalder Konferenz beraten.5

Unterzeichnet: Erlich, Goldenberg, Rosanov, Rusanov, Smirnov.

Anmerkungen

1   ARAB, Holl.-skand. kommittén, Box 1; ARAB, SAP, A 3
B:1; ABA, SDF, 531; IISG, NL Troelstra, 429 (deutsch, franz.) u. 580 (nur
russische Erklärung, franz.); CHA, Stockholm, N. & C., Juli 1917:1
(hekt. franz, deutsch; hschr. deutsch, schwed.) schwed. Social-Demokraten
14.7.1917, S. 1; Bulletin Arbeiter- und Soldatenrat Nr. 9, 19.7.1917, S. 7-11;
abgedruckt in Stockholm 1918, S. 484-486; Balabanoff 1926, S. 375-377; Geldolf
1996, S. 267-269. - Siehe die Entwürfe in Dok. Nr. P/51c-f, und weiter
Dok. Nr. P/52. - Geyer 1957, S. 239, betont, daß die Einladung ein
"Abrücken der russischen Vertretung von der kompromißloseren
Zimmerwalder 'Plattform'" und einen gewissen "Verzicht" bedeute, "mit
grundsätzlichen Zugeständnissen an die Argumente der britischen und
französischen Mehrheitssozialisten" (keine bindenden Beschlüsse).
Auch Wade 1967, S. 457f., und Wade 1969, S. 106, hebt die
Kompromißhaftigkeit der gemeinsamen Diskussionen und Konferenzeinladung
hinsichtlich der Fragen von bindenden Beschlüssen, Schuldfrage,
Friedensprogramm und Nichtteilnahme der ISK hervor; allerdings seien die
Gespräche im allgemeinen "harmonious" verlaufen. Für Stillig 1977, S.
239f, der sich im wesentlichen auf diplomatische Quellen stützt und deren
Urteile unkritisch übernimmt, ist die Konferenzeinladung "von geringem
Wert"(vgl. den von ihm zitierten französischen Gesandten Thiébaut:
"une concession nécessaire mais platonique aux
délégués du Soviet"), "das hoffnungslose Unterfangen" von
russischer Seite, Frieden zu schaffen, und zwar mit dem
Holländisch-skandinavischen Komitee, "das, faktisch machtlos und innerlich
zerrissen, eine Scheinexistenz führte". Er weist darauf hin, daß
Branting mit der Einladung "nicht zufrieden" gewesen sei; "es scheint,
daß er sich dem Standpunkt der Russen, die sich ihrerseits auf Huysmans'
Unterstützung beriefen, widerwillig anpassen mußte". Wieso, sei aus
dem vorliegenden Material nicht zu ermitteln. Stillig polemisiert gegen
Blänsdorf 1969, S. 340, die der gemeinsamen Aktion mit Unterstützung
aus Rußland grundsätzlich "eine reale Machtbasis" zuschrieb. Kan
1998, S. 112, weist auf die "Zugeständnisse" der russischen Delegation
hin. Ihr Programm habe sich "Brantings und Huysmans Bedingungen angepaßt
und den letzten Rest an "Zimmerwaldismus", vom Verbalen abgesehen, verloren"
("anpassat till Brantings och Huysmans villkor och tappade rester av sin
ursprungliga "zimmerwaldism" utom rent verbalt").

2   Am 17.7.1917 schrieb Huysmans verschiedene Punkte zur
Organisation der Konferenz nieder (hschr. 6 Seiten), in CHA, Stockholm, N.
& C., Juli 1917:2. Genannt werden ein Komitee für die Lokalitäten
und Unterbringung, eine Budgetkommission (Albarda, Wallin, Aschberg, Heller,
Bäckström, der fälschlich Weckström genannt wird), eine
Pressekommission (Olberg, Vidnes, Weinberg, De Roode, Borgbjerg, Backlund), ein
Sekretariat (Rosanov, Huysmans, Heller, Engberg), ein Appellationskomitee, der
Konferenzvorsitz, Personal einschließlich von Dolmetschern und
Zuständige für Publikationen (dort werden u.a. Otto Pohl und Clifford
Sharp aufgeführt). Unter den einzuladenden Organisationen bzw. Delegierten
wird für Polen u.a. Rosa Luxemburg genannt (siehe auch Dok. Nr. P/31a,
Anm. 25), für Rumänien Racovski (er befand sich in Rußland, sei
daher einzuladen durch den Arbeiter- und Soldatenrat) und für Amerika die
American Federation of Labor, die Wilsons Kriegspolitik unterstützte.
Weitere organisatorische Vorschläge nach einem Gespräch mit Rosanov
und zusammen mit Möller und Engberg im Schreiben von Huysmans an Branting
und Troelstra, 20.7.1917, ARAB, NL Hjalmar Branting, 3.1:11.; IISG, NL
Troelstra, 547; Durchschlag in CHA, Stockholm, Corr., Juli 1917, Nr. 77. Die
Konferenz solle von Tscheidse (Ccheidze) eröffnet werden, der auch
vorläufig ihr Präsident sein solle, so die Forderung von russischer
Seite. Huysmans habe Branting und Troelstra als Vizepräsidenten
vorgeschlagen. Die Frage solle vom Organisationskomitee gemeinsam entschieden
werden. Die drei Namen tauchen auch in dem oben genannten Papier von Huysmans
auf. - Anfragen und Antworten zu Beteiligung an den Kommissionen, zumal der
"Appell-Körperschaft", die aus den jeweiligen drei Delegierten der
nationalen Sektionen für das ISB bestehen sollte (siehe Dok. Nr. P/61a),
sowie Bewerbungen für Aufgaben im Sekretariat in der Stockholmer
Korrepondenz in CHA, Stockholm, Corr., Juli und Aug. 1917. - Zu dieser
organisatorischen Tätigkeit von Huysmans auch Geldolf 1996, S.
276-279.

4   Vidnes gehört zu den Unterzeichnern in seiner Eigenschaft
als Mitglied des Holländisch-skandinavischen Komitees, war aber an den
Verhandlungen und an dem Beschluß nicht beteiligt, wie sein Brief an
Hjalmar Branting am 14.7.1917, in ARAB, NL Hjalmar Branting, 3.1:12, bezeugt,
wo es heißt: "Ich gratuliere zur Einladung zur gemeinsamen Konferenz und
der Form, die sie hat. Das Auftreten der Russen - und ihr Anschluß -
freut mich sehr. Die ganze Welt wird jetzt sehen, wer die eventuelle Spaltung
der Internationale herbeiprovozieren will" ("Gratulerer med indbydelsen till
fælleskonferensen og den form den har. Russernes opførsel - og
tilføielse - glæder mig meget. Hele verden vil nu se, hvem som vil
provocere frem en ev.[entuel] opslittelse av internationalen.").

5   Angelika Balabanova formulierte die Ablehnung der ISK 
schriftlich am 11.7.1917, abgedruckt in Balabanoff 1926, S. 374f. Siehe auch
Dok. Nr. P/48, Anm. 3; Nr. P/49b; Nr. P/50 und Nr. P/51a, Anm. 2. - Die
Einladung zur 3. Zimmerwalder Konferenz auf den 10.8. in Stockholm erfolgte am
18.7.1917, abgedruckt bei Lademacher 1967/1, S. 443f.