Erklärung zum Anschlag auf die Bundesanwaltschaft

RAF Document ID
0019770903_02
Author
RAF
Date
3.9.1977
Source
Originalkopie
Text

alle interpretationen der maschine, mit der wir die bundesanwälte daran hindern wollten, im komfort ihrer büros weiter darüber zu grübeln, wie sie den nächsten mord an einem politischen gefangenen arrangieren, oder die menschenjagd, die schauprozesse, die razzien auf bürger und anwälte, denen wir sympathischer sind, die lügen und die hetze der "offensiven information" zu planen - sind falsch.

es ging nicht um irgendein blutbad - in diesem nest der reaktionären gewalt, das schon in den kommunistenprozessen der fünfziger jahre für faschistische kontinuität auftrat - oder um ein "neues stratagem" oder eine demonstration des "wettrüstens zwischen rivalisierenden guerillas", wie wir lesen mussten.
es ging auch nicht um einen anschlag auf rebmann, obwohl es so aussieht als sei er noch skrupelloser, noch brutaler und ein noch infamerer demagoge als buback.
es ging ganz einfach um eine warnung in der situation, in der über 40 politische gefangene im hungerstreik waren, weil rebmann die zusage, sie in gruppen zu 15 zu konzentrieren, die er als ministerialdirigent im baden-württembergischen justizministerium ausgesprochen hat, als generalbundesanwalt bricht und hintertreibt.

die gruppe, die es in stammheim schon gab, ist kleiner statt grösser, und die gefangenen sind jetzt - nach fünf jahren isolation - wieder total voneinander getrennt, obwohl ärzte, amnesty international, der weltkirchenrat, die liga für menschenrechte und die vereinigung demokratischer juristen ihre zusammenlegung fordern, weil isolation krank macht und auf die dauer zum tod führt - d.h. als haftform folter und damit menschenrechtswidrig ist.
wir gehen davon aus, dass mit der totalen isolation der gefangenen der hungerstreik provoziert werden sollte, den rebmann, der es nötig hat, sich nach bubacks amtsenthebung wegen der morde an holger, ulrike und siegfried zu profilieren, dazu benutzen will, um jetzt andreas, gudrun und jan hinzurichten.
die entscheidung der gefangenen, ihren hunger- und durststreik jetzt zu unterbrechen, halten wir für richtig und wir bitten sie, ihn solange nicht wiederaufzunehmen, bis wir wissen, ob das bigotte mörderkartell aus justizministern, richtern, staatsanwälten und bullen gegenüber den mitteln, die wir haben und einsetzen können, so arrogant bleiben kann wie gegenüber den waffen von gefangenen.

der moralische appell eines hungerstreiks ist hilflos, weil die politische gewalt in diesem staat nicht "faschistoid" oder von "faschistischen tendenzen" bedroht sondern mitten in der transformation zu einem neuen faschismus ist, der sich vom nationalsozialismus nur dadurch unterscheidet, dass er amerikanische und deutsche monopole repräsentiert und damit aggressiver, mächtiger und subtiler auftreten kann als der kapitalismus in deutschland während seiner barbarischen nationalen geschichte.
seine verfetteten eliten, egal ob sie in der justiz, der exekutive, den parteien, konzernen oder medien sitzen, verstehen nur eine sprache - die gewalt.
das elend und die demütigung in den staatsschutztrakten und die bestialität der zwangsernährung ist für sie nur ne unterschrift und ein dreckiger witz in der kantine.
sie werden den streik - wenn ihr ihn wiederaufnehmt - genau wie jetzt dazu benutzen, euch zu töten weil wir euch brauchen, und sie werden die spur der moral und der solidarität, die opfer eures kampfes unter einen berg von scheisse, zynischer und brutaler kolportage und propaganda begraben.
worüber sie nicht lange lachen werden, sind wir. über die, die das signal des kampfes in den isolationslöchern (den bunkern, den foltertischen der zwangsernährung) verstanden haben - am willen von gefangenen, dass es möglich ist, frei zu sein. wir fordern jetzt noch nichts, und kontinuität und solidarität der raf werden auch nicht gegenstand von erklärungen sein.

wir sagen aber nochmal:
sollte einer der gefangenen ermordet werden - und der tod in der isolationszelle ist nichts anderes als mord - werden wir sofort im in- und ausland antworten.
sollten andreas, gudrun und jan getötet werden, werden die apologeten der harten haltung spüren, dass das, was sie in ihren arsenalen haben, nicht nur ihnen nützt, dass wir viele sind und dass wir genug liebe - also hass und phantasie haben, um unsere und ihre waffen so gegen sie einzusetzen, dass ihr schmerz unserem entsprechen wird.

"die solidarität der menschen gründet in der revolte"

RAF

am 3.9.1977